Navigation überspringen
WFG Wiki / Nachfolge

Rechtliche Aspekte einer Betriebsübernahme -A-

Haftung

Für die Frage der Haftung bei einer Betriebsübernahme ist eine sehr differenzierte Betrachtung des Einzelfalles erforderlich. Wesentliche Kriterien für die Beurteilung sind die Rechtsform vor und nach der Nachfolge sowie der Vertragstyp (Sachkauf oder Rechtskauf). Es wurde bereits dargestellt, dass beim Rechtskauf alle Risiken wirtschaftlich voll durchschlagen. 

Träger aller Rechte und Pflichten bleibt nämlich beim Rechtskauf der bisherige Rechtsträger, zum Beispiel die GmbH. 

Bei Personen(-handels)gesellschaften (auch bei einem Eintritt in ein Einzelunternehmen) sind die Rechtsfolgen für ausscheidende und eintretende Gesellschafter separat zu betrachten. 

Im Rahmen dieser Ausarbeitung wird die Haftung des Nachfolgers bei einem Einzelunternehmen dargestellt. Für die überwiegende Mehrheit der Betriebe ergibt sich hieraus ein klares Bild der Haftungsrisiken. 

Immer separat zu betrachten ist die Frage, ob und wie lange die Haftung des bisherigen Inhabers fortbesteht.
 

● Haftung des Erben eines Einzelunternehmens (BGB) 

Der Erbe gilt als Gesamtrechtsnachfolger. Mit dem Vermögen des Erblassers gehen auf den Erben auch die Schulden über. 

Zählt zum Nachlass ein Betrieb, so gilt dies auch für die Verbindlichkeiten des Unternehmens. Der Erbe haftet für die Nachlassverbindlichkeiten grundsätzlich unbeschränkt – notfalls mit seinem eigenen Vermögen. Es besteht die Möglichkeit, das Erbe innerhalb von sechs Wochen auszuschlagen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt. Erklärt werden muss dies gegenüber dem Nachlassgericht.
 

● Haftung des Erwerbers bei Übernahme eines Einzelunternehmens 

- Haftung für bestehende Verbindlichkeiten

Hinsichtlich der Haftung für bestehende Verbindlichkeiten kommt es darauf an, in welcher Form das Unternehmen erworben wird (bei Einzelunternehmen ist nur der Sachkauf möglich). Zudem ist von Bedeutung, ob es sich bei dem bisherigen Unternehmer um einen Kaufmann oder einen Nichtkaufmann handelt. Die Kaufmannseigenschaft wird begründet durch eine Eintragung in das Handelsregister bzw. die bloße Verpflichtung dazu, d. h. wenn das Unternehmen einen nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.

- - Erwerb durch einen Kaufmann

Wird das Unternehmen von einem Kaufmann erworben und unter der bisherigen Firma fortgeführt, haftet der Erwerber grundsätzlich für alle im Unternehmen bereits durch den Veräußerer begründeten Verbindlichkeiten (§ 25 Abs. 1 HGB). Darunter fallen neben Gewährleistungsverpflichtungen auch sämtliche vertraglich vereinbarten Verpflichtungen wie Miete, Pacht, Versicherungen, Abnahmeverpflichtungen, Lieferantenverbindlichkeiten u. a. 

Der Tatbestand der Firmenfortführung ist in diesem Zusammenhang eher weit auszulegen. Eine Haftung für private Schulden besteht demgegenüber nicht.

Der Anwendungsbereich des § 25 Abs. 1 HGB umfasst sowohl den typischen Unternehmenskauf als auch Pacht, Schenkung sowie den Erwerb im Zuge von Erbauseinandersetzungen. 

Soll dieser weitreichende Haftungsumfang vermieden werden, ist ein entsprechender Haftungsausschluss zu vereinbaren und in das Handelsregister einzutragen (§ 25 Abs. 2 HGB). 

Der Verkäufer haftet nach der Unternehmensübergabe (ab Eintragung in das Handelsregister) ebenfalls weiterhin für Verbindlichkeiten, die vor Ablauf von fünf Jahren fällig und gegen ihn geltend gemacht werden. 

Gehört ein in das Handelsregister eingetragenes Unternehmen zum Erbe, so entfällt die oben dargestellte Haftung, wenn der Betrieb innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Kenntniserlangung von dem Erbanfall eingestellt wird (§ 27 Abs. 2 HGB). Sodann haftet der Erbe nur nach BGB-Erbrecht (§ 1922 BGB), beschränkbar auf den Nachlass (§§ 1973, 1975 ff. BGB). Gleiches gilt für etwaige Miterben jeweils im Verhältnis ihres Anteils. 

Für den Fall, dass die Firma nicht fortgeführt wird, besteht die Haftung für Verbindlichkeiten des Veräußerers nur insoweit, als sich der Erwerber dazu besonders verpflichtet (§ 25 Abs. 3 HGB).

- - Erwerb durch einen Nicht-Kaufmann

Liegt beim bisherigen Inhaber keine Kaufmannseigenschaft vor, haftet der Erwerber grundsätzlich nicht für bestehende Verbindlichkeiten. Allerdings sind die Grundsätze der Rechtscheinhaftung zu beachten. In manchen Fällen kann es daher sinnvoll sein, die Handelsregistereintragung vorab herbeizuführen und sodann den Haftungsausschluss gem. §25 Abs. 2 HGB in das Handelsregister einzutragen. 
 

● Haftung für betriebsbedingte Steuern

Die Haftung für betriebliche Steuerschulden kann nicht ausgeschlossen werden. 

Betriebliche Steuern sind die Gewerbesteuer, die Umsatzsteuer und die Lohnsteuer. 

Dabei ist unerheblich, ob der Betrieb im Handelsregister eingetragen ist oder nicht. Die Haftung ist beschränkt auf das übernommene Vermögen. 

Der Nachfolger übernimmt gemäß § 75 AO alle betrieblichen Steuerschulden des Altinhabers, die seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entstanden sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebes durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet werden. 

Bei einer Betriebsprüfung im ersten Jahr nach der Übernahme kann sich somit der Haftungsumfang erweitern. 

Das Finanzamt darf dem künftigen Nachfolger nur dann Auskunft über betriebliche Steuerschulden geben, wenn die Zustimmung des Betriebsinhabers vorliegt (Steuergeheimnis). § 75 AO kommt zur Anwendung bei Kauf, Schenkung und Erwerb im Zuge der Erbauseinandersetzung.

Das steuerliche Haftungsrisiko lässt sich eingrenzen, wenn eine aktuelle Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes vorliegt. Diese schließt jedoch Steuernachzahlungen nicht aus, die aufgrund einer im ersten Jahr nach der Übernahme erfolgten Betriebsprüfung festgestellt werden. Zwischen den Vertragsparteien sollten für diesen Fall entsprechende Regelungen getroffen werden (gegebenenfalls verbunden mit Sicherheitsleistungen).

 - Haftung für Altverbindlichkeiten aus der Sozialversicherung

Ausdrücklich geregelt ist die Haftung für die gesetzliche Unfallversicherung (§ 150 SGB VII). Nach derzeitiger Rechtslage ist bei den weiteren Sozialversicherungsträgern davon auszugehen, dass deren Beitragsforderungen nicht auf den neuen Betriebsinhaber übergehen. Eine höchstrichterliche Entscheidung steht allerdings noch aus. 

Deshalb ist es sinnvoll, vor der Übernahme eines Betriebes bei den Krankenkassen sowie den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung zu prüfen, ob es rückständige Sozialversicherungsbeiträge gibt.

- Haftung bei Umweltaltlasten

Altlasten können das Erdreich, Oberflächen oder Grundwasser verunreinigen. Dies trifft insbesondere zu, wenn mit folgenden Betriebsstoffen gearbeitet wurde: 

- Schwermetallen 

- Mineralölen 

- Holzschutzmitteln 

- Kraftstoffen 

- Farben, Lacken, Verdünnungen 

Für den Schaden haften der Verursacher und – auch wenn er den Schaden nicht verursacht hat – grundsätzlich auch der Grundstückseigentümer. Der Grundstückseigentümer kann dann zwar den Verursacher in Regress nehmen, aber die Beweislast liegt bei ihm. Weil der Schaden enorm hoch sein kann, besteht insoweit ein unkalkulierbares finanzielles Risiko.
 

● Haftung des Erwerbers bei Übernahme einer GmbH  

 - Haftung für nicht eingezahlte Stammeinlagen

Beim Kauf von GmbH-Geschäftsanteilen haftet der Käufer gesamtschuldnerisch mit dem Verkäufer für noch nicht eingezahlte Stammeinlagen.

- Pensionsverpflichtungen

Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH wurden für die Altersversorgung häufig Pensionszusagen gewährt und teilweise mittels einer Rückdeckungsversicherung abgesichert. 

Gerade beim Unternehmensverkauf kann dies zu erheblichen Problemen führen. Während beim Betriebsübergang im Familienverbund der Übernehmer häufig bereit sein wird, für die Altersversorgung des Übergebers aufzukommen, ist dies bei einem fremden Erwerber meist nicht der Fall. 

Der Interessent wird in aller Regel erst dann gewillt sein, die Gesellschaftsanteile zu kaufen, wenn die GmbH sich ihrer Pensionsverpflichtungen entledigt hat. 

Alternativ wäre an einen Asset Deal zu denken.
 

Möglichkeiten zur Entledigung der Pensionsverpflichtungen

- Übertragung der Pensionsverpflichtungen auf einen Pensionsfonds gegen Einmalzahlung

- Verzicht des Gesellschafter-Geschäftsführers auf seine Pensionsanwartschaft 

- Ausgliederung des Betriebes der GmbH in eine neue GmbH und Zurückbehaltung der 
   Pensionsverpflichtung mit Rückdeckungsversicherung in der Alt-GmbH

Ihr Ansprechpartner

Michael Jodlauk

Telefon: 02602 124-308
Mail: michael.jodlauk@westerwaldkreis.de

Vielleicht auch interessant?

Acht Erfolgsfaktoren der Betriebsübergabe

- Klar definierte strategische Weichenstellungen für eine zukünftige Betriebsentwicklung -

Betriebsnachfolge frühzeitig planen!

- Für viele Unternehmer ist es nicht einfach, an den Rückzug aus dem mit viel Mühe aufgebauten Betrieb zu denken. -

Betriebsübergabe - Auch eine Kopfsache

- Die Unternehmensnachfolge ist eine tiefgreifende und übergreifende Veränderung für alle Betroffenen -

Betriebsübergabe an Familienfremde

- Wie findet man den richtigen Nachfolger? -

Betriebsübergabe innerhalb der Familie

- Eine erfolgreiche Übergabe beginnt bereits im Kindesalter -

Betriebsübergabe und Arbeitsrecht -A-

- Betriebs(ver)kauf ist kein Kündigungsgrund -

Betriebsübergabe und Arbeitsrecht -B-

- Widerspruchsrecht mit Tücken -

Betriebsübergabe und Arbeitsrecht -C-

- Informationspflicht des Übergebers -

Betriebsübergabekonzept

- Ein guter Plan ist die halbe „Miete“ -

Die Umsetzung der Unternehmensnachfolge unter emotionalen Aspekten

- Jede erfolgreiche Nachfolge ist ein Prozess in mehreren Schritten. -

Die zehn häufigsten Fehler bei einer Betriebsübergabe

- Wer die Fehler des anderen kennt, kann sie bei sich selbst vermeiden. -

Erbrecht -A-

- Grundprinzipien -

Erbrecht -B-

- Die gesetzliche Erbfolge -

Erbrecht -C-

- Das Testament. Testierfreiheit -

Erbrecht -D-

- Das Testament. Testamentsarten -

Erbrecht -E-

- Das Testament. Formvorschriften -

Erbrecht -F-

- Der Inhalt eines Testamentes. Erbeinsetzung -

Erbrecht -G-

- Der Inhalt eines Testamentes. Teilungsordnung -

Erbrecht -H-

- Der Inhalt eines Testamentes. Zuwendungen -

Erbrecht -I-

- Der Inhalt eines Testamentes. Vermächtnis -

Erbrecht -J-

- Der Inhalt eines Testamentes. Auflagen -

Erbrecht -K-

- Der Inhalt eines Testamentes. Testamentsvollstrecker -

Erbrecht -L-

- Der Inhalt eines Testamentes. Enterbung -

Erbrecht -M-

- Testament. Pflichtanteil -

Erbrecht -N-

- Testament. Die Häufigsten Fehler bei Testamenten -

Erbrecht -O-

- Testament. Testamentseröffnung -

Erbrecht -P-

- Testamentsanfechtung -

Erbrecht -Q-

- Erbvertrag -

Erbrecht -R-

- Die vorweggenommene Erbfolge -

Erbrecht -S-

- Die vorweggenommene Erbfolge. Schenkung -

Erbrecht -T-

- Die vorweggenommene Erbfolge. Ausstattung -

Erbrecht -U-

- Die wichtigsten Fristen -

Erbschafts- und Schenkungssteuer -A-

- Formen der Vermögensübertragung -

Erbschafts- und Schenkungssteuer -B-

- Wert des Nachlasses -

Erbschafts- und Schenkungssteuer -C-

- Steuerbefreiungen -

Erbschafts- und Schenkungssteuer -D-

- Steuerklassen -

Erbschafts- und Schenkungssteuer -E-

- Persönliche Freibeträge -

Erbschafts- und Schenkungssteuer -F-

- Versorgungsfreibeträge -

Erbschafts- und Schenkungssteuer -G-

- Pflegefreibetrag -

Erbschafts- und Schenkungssteuer -I-

- Betriebsvermögen -

Erbschafts- und Schenkungssteuer -J-

- Steuertipps -

Externe Firmennachfolge

- Wo finde ich einen Interessenten bzw. eine Interessentin? -

Familienstiftung -A-

- Was ist eine Familienstiftung? -

Familienstiftung -B-

- Stiftungszweck -

Familienstiftung -C-

- Gründung einer Familienstiftung -

Familienstiftung -D-

- Besteuerung einer Familienstiftung -

Familienstiftung -E-

- Gestaltung einer Familienstiftung -

Familienstiftung -F-

- Gründe für die Gründung einer Familienstiftung -

Familienstiftung -G-

- Gründungskosten -

Familienstiftung -H-

- Haftung -

Familienstiftung -I-

- Vor- und Nachteile -

Familienstiftung -J-

- Alternativen zur Familienstiftung -

Formen der Betriebsnachfolge -A-

- Beteiligung - Step by step zur Nachfolge -

Formen der Betriebsnachfolge -B-

- Unternehmens(ver)kauf -

Formen der Betriebsnachfolge -C-

- Schenkung -

Formen der Betriebsnachfolge -D-

- (Erben)gemeinschaft - Eine Gefahr für ihr Unternehmen? -

Formen der Betriebsnachfolge -E-

- Verpachtung -

Formen der Betriebsnachfolge -F-

Beteiligung - Step by step zur Nachfolge

Fortführungsplan

- Ein unbedingtes Muss -

Fünf Tipps für einen erfolgreichen Führungswechsel in der Familie

- Im Rahmen der Familiennachfolge haben sich die folgenden Tipps bewährt -

Kaufvertragliche Aspekte eines Unternehmensverkaufs -A-

- Kaufvertrag -

Kaufvertragliche Aspekte eines Unternehmensverkaufs -B-

- Der Kauf von Geschäftsanteilen -

Kaufvertragliche Aspekte eines Unternehmensverkaufs -C-

- Kaufabwicklung, Konkurrenzklausel, Bestehende Verträge -

Planung einer Betriebsübergabe -A-

- Status-Quo-Bestimmung -

Planung einer Betriebsübergabe -B-

- Übergabeziele -

Planung einer Betriebsübergabe -C-

- Zielkonflikte -

Planung einer Betriebsübergabe -D-

- Planung einer Betriebsübergabe -

Planung einer Betriebsübergabe -E-

- Übergabeplanung -

Rechtliche Aspekte einer Betriebsübernahme -D-

-Datenschutzrechtliche Aspekt -

Rechtliche Aspekte einer Betriebsübernahme -B-

- Handwerkliche Voraussetzungen -

Rechtliche Aspekte einer Betriebsübernahme -C-

- Arbeitsrechtliche Aspekt -

Scheinselbständigkeit

- Was ist Scheinselbstständigkeit? -

Unternehmenskaufvertrag

- Aus unterschiedlichen wirtschaftlichen Gründen werden Unternehmen ganz oder in Teilen verkauft. -

Unternehmensverkauf -A-

- Asset Deal versus Share Deal -

Unternehmensverkauf -B-

- Vor- und Nachteile Asset Deal / Share Deal -

Unternehmensverkauf -C-

- Asset Deal oder Share Deal? -

Unternehmensverkauf -D-

- Due Diligence -

Unternehmensverkauf -E-

- Due Diligence nach Maß -

Unternehmensverkauf -F-

- Kosten einer Due Diligence Prüfung -

Unternehmensverkauf -G-

- Ablauf einer Due Diligence Prüfung -

Unternehmensverkauf -H-

- Letter of Intent -

Unternehmensverkauf -I-

- Datenraum -

Unternehmensverkauf -J-

- Vor- und Nachteile einer Due Diligence -

Unternehmensverkauf -K-

- Unternehmensbewertung -

Unternehmensverkauf -L-

- Unternehmensbewertung. Substanzwertverfahren -

Unternehmensverkauf -M-

- Unternehmensbewertung. Ertragswertverfahren -

Unternehmensverkauf -N-

- Unternehmensbewertung. Discounted-Cash-Verfahren -

Unternehmensverkauf -O-

- Unternehmensbewertung. Multiplikatoren-Cash-Verfahren -

Unternehmensverkauf -P-

- Unternehmensbewertung. Venture-Capital-Verfahren -

Unternehmensverkauf -Q-

- Unternehmensbewertung. Bewertung der Verfahren -