Due Diligence
Due Diligence ist ein Rechtsbegriff, der in Deutschland hauptsächlich im Unternehmenskaufrecht von Bedeutung ist.
Due Diligence ist eine Form der Risikobewertung. Vor dem Erwerb einer komplexen Kaufsache macht sie dem Käufer transparent, welche Vorteile und Risiken mit dem Kauf verbunden sind. Damit obliegt ihre Durchführung auch dem Käufer oder einem von diesem beauftragten Experten. Der Verkäufer kooperiert, indem er einen sogenannten Datenraum schafft. Dieser umfasst alle wesentlichen Informationen, die Risiken, Schwächen und auch Stärken des Betriebs aufzeigen. Die Angaben sind freiwillig, sollten aber vollumfänglich über bestehende Risiken informieren. Je nach Beziehung zu den Geschäftspartnern und je nach Unternehmenskauf bestehen unterschiedliche Ansprüche an den Due-Diligence-Prozess.
● Bereiche einer Due Diligence
Während des Due-Diligence-Prozesses wird die Zielperson oder -Firma auf rechtliche Verstöße und wirtschaftsfinanzielle Fehltritte durchleuchtet. Zudem achten Prüfer immer häufiger auf ganzheitliche Aspekte wie Unternehmenskultur, Umweltstandards und IT-Sicherheit.
Das sind die im Rahmen von Due-Diligence-Prüfungen am häufigsten untersuchten Bereiche:
Bereich: Financial Due Diligence
Zur Financial Due Diligence (finanzanalytische Due Diligence, kurz: FDD) gehört es, finanzielle Stärken und Schwächen zu ermitteln und abzuwägen. Dabei analysiert man den Ist-Zustand und prognostiziert die zukünftige finanzielle Lage. Das umfasst Aspekte wie das Vermögen und den Cashflow, aber auch Kapitalaufbringungen (Fremd- und Eigenkapital) Finanzstrukturen und Erträge.
Bereich: Market und Commercial Due Diligence
Market und Commercial Due Diligence sind eng miteinander verknüpft: Die Marktanalyse steht dabei im Fokus:
Im Commercial Due Diligence konzentrieren Sie sich auf die Marktfähigkeit des Unternehmens – dabei spielen insbesondere unternehmensspezifische Aspekte eine Rolle: Sie analysieren das Zielunternehmen und konzentrieren sich auf Einkauf und Vertrieb. Wer sind die Zulieferer, welche Verträge wurden mit ihnen ausgehandelt und wie effizient ist die Lieferkette? Untersuchen Sie zudem auch die Materialwirtschaft. Qualität und Umfang spielen in diesem Bereich eine wichtige Rolle. Auch die Felder Forschung und Entwicklung sind oft interessant: Beteiligt sich das Zielunternehmen daran, Innovationen in seinem Geschäftsfeld voranzutreiben? Das eröffnet künftige Potenziale.
Um die Firma und ihre Position im Markt einschätzen zu können, fokussiert sich der nächste Analyseschritt weniger auf das Unternehmen selbst als vielmehr auf den Marktbereich, in dem es tätig ist. Finden Sie heraus, wer die größten Wettbewerber sind und welche Produkte und Dienstleistungen zu ihrem Erfolg beitragen. Welches Geschäftsmodell verfolgen die Marktteilnehmer und wie erfolgreich sind sie damit?
Die Market Due Diligence geht noch einen Schritt weiter: Untersuchen Sie, wie sich der Markt entwickelt hat. Zusammenschlüsse, neue Konkurrenten oder Marktflauten der letzten fünf Jahr können Ihre Kaufentscheidung erheblich beeinflussen.
Sie beschreiben, auf welchem Spielfeld sich Ihr Zielunternehmen befindet. Wenn möglich, führen Sie Kundenumfragen durch, um mehr über die Außenwirkung der Firma zu erfahren.
Bereich: Tax Due Diligence
Außer der aktuellen steuerrechtlichen Situation des Kandidaten erfasst die Analyse bei der Tax Due-Diligence-Prüfung (steuerrechtliche Due Diligence) auch zukünftige steuerrechtliche Entwicklungen. Da der Kauf an sich bereits steuerliche Konsequenzen hat, sind solche Informationen überaus wertvoll. Die Analyse erfasst auch die zu erwartende Umwandlungssteuer oder die Konzernsteuer. Besonders wichtig ist die Risikoanalyse. Sind Finanzgerichtsverfahren noch nicht abgeschlossen oder läuft aktuell noch eine Betriebsprüfung, ist mit zusätzlichen Kosten zu rechnen. Auch der Kauf an sich wirft einige Fragen auf:
Bereich: Operational Due Diligence
Die Operational Due Diligence (kurz: ODD) beschäftigt sich mit den Arbeitsabläufen des Zielunternehmens. Besonders interessant ist dabei eine potenzielle Wertsteigerung. Diese Form der Due Diligence nutzen bevorzugt Käufer von Industrieunternehmen. Dort spielt ein effizienter Arbeitsablauf für die Wertschöpfung eine wichtige Rolle – beispielsweise mithilfe von verbesserter Kommunikation und Planung in der Lieferkette sowie Automatisierung. Außerdem müssen die Experten feststellen, ob der vorgelegte Geschäftsplan mit den gegebenen operativen Möglichkeiten durchführbar ist. Diese Form der Due Diligence wird häufig von Geldgebern (wie Banken) verlangt, um Risiken abzuschätzen, die durch zu optimistische Kalkulationen der täglichen Ausgaben entstehen.
Bereich: Technical Due Diligence
Die Technical Due Diligence gehört zu den maßgeblichen Risikoanalysen beim Immobilienerwerb: Sie wird beispielsweise durchgeführt, wenn jemand ein Unternehmen mit industriellen Anlagen kauft. Wer eine technische Due-Diligence-Prüfung durchführen lassen will, der benötigt dafür sowohl Experten für die Bausubstanz als auch für technische Anlagen. Geeignete Techniker ermitteln dann, welche Kapazitäten die Anlagen haben, wie sie ausgelastet sind und ob sie eventuell erneuert werden müssten. Auch die Qualitätskontrolle der produzierten Güter fließt in die Bewertung ein. Je nach Industriezweig sollten Sie auch die Explosions- und Feuergefahr und mögliche Risiken chemischer oder radioaktiver Verschmutzung abschätzen lassen. Die Analyse soll ergeben, welche Kosten anfallen, um das Objekt in gutem Zustand zu erhalten oder Mängel zu beheben. In der Regel interessiert Investoren auch, ob sie die Kaufsache modernisieren können.
Bereich: Environmetal Due Diligence
Environmental Due Diligence prüft ein Unternehmen auf die Einhaltung nationaler und internationaler Umweltschutzbestimmungen. Dabei sollten Sie darauf achten, dass das Zielobjekt alle nötigen Genehmigungen aufweist. Umweltmanagement nimmt weltweit einen immer höheren Stellenwert ein, besonders bei produzierenden Wirtschaftszweigen. Ermitteln Sie die Potenziale in diesem Bereich und erfahren Sie, wie das Unternehmen die notwendigen Maßnahmen organisiert. Bei Immobilien sollten Sie vor dem Kauf auch unbedingt die Standorteigenschaften kennen:
- Wirkt sich die industrielle Nutzung nachweislich oder potenziell negativ auf die Umwelt
aus? (Populationsschutz, Grundwasserverschmutzung oder ähnliches)
- Bestehen Altlasten, die eine Gefahr für die Umwelt darstellen (könnten)?
- Standortrisiken (zum Beispiel Überflutungen) und besondere Umweltschutzauflagen (zum
Beispiel bei Nähe zu Naturschutzgebieten)
- Sind die Gebäude mit Schadstoffen belastet?
Teilweise überschneiden sich Umweltprüfung und technische Untersuchung – zum Beispiel bei der Risikobewertung von Schadstoffen, die bei der Produktion eingesetzt werden.
Bereich: IT Due Diligence
IT Due Diligence (auch: Digital Due Diligence) ist nicht nur wichtig, wenn Sie sich für ein IT-Unternehmen interessieren. Denn auch viele andere Dienstleister und Einzelhändler erhalten ihre Aufträge ganz oder teilweise über das Internet. Als Aushängeschild eines Unternehmens sollten der Online-Auftritt sowie die damit verbundenen Kommunikationswege und Abwicklungsprozesse zukunftsorientiert (skalierbar) und sicher sein. Auch viele unternehmensinterne Prozesse laufen inzwischen computergestützt ab. Einige Firmen unterhalten eigene IT-Systeme, andere nutzen lizenzierte Produkte. Diese Lizenzen müssen vor einem Kauf vollständig geklärt sein.
Bei einem Merger ist die Zusammenführung zweier IT-Systeme zudem ein bedeutsamer Kosten- und Zeitfaktor. Mit einer Due-Diligence-Prüfung decken Sie mögliche Sicherheitslücken und Kompatibilitätsprobleme auf.
Bereich: Human Resources Due Diligence
Human Resources Due Diligence beschäftigt sich mit jenem Teil eines Unternehmens, der es erst belebt: dem menschlichen – also den Angestellten, die dort arbeiten. Im Sinne der Kaufpreisermittlung und Risikobewertung geht es bei der Personalanalyse insbesondere um Schlüsselfiguren im Konzern: kreative Köpfe oder Entscheider, die das Ruder in der Hand haben. Denn bei einem Merger oder eine Akquisition ändern sich Personalstrukturen im Zielunternehmen teilweise frappierend. Geht dabei wichtiges „Humankapital“ verloren, kann das die Arbeitsabläufe beeinflussen und langfristig dem ganzen Unternehmen schaden. Analysieren Sie also, welche Mitarbeiter welche Funktionen erfüllen und wie wichtig sie für interne Abläufe sind.
Bei der Human Resources Due-Diligence-Prüfung gehen Sie Arbeitsverträge durch. Stimmen Sie den Prozess mit der Legal Due Diligence ab. Auffälligkeiten wie ungewöhnlich hohe Bonusvereinbarungen für einzelne Mitarbeiter oder überdurchschnittlich lange Kündigungsfristen können den Kaufpreis durchaus beeinflussen.
Bereich: Legal Due Diligence
Legal Due Diligence beleuchtet alle rechtlichen Gegebenheiten in einem Zielunternehmen. Wie oben angemerkt, beinhaltet das beispielsweise auch die Arbeitsverträge. Aber auch die Eigentumsverhältnisse des Unternehmens und seiner Tochtergesellschaften mit eventuellen unterschiedlichen Rechtsformen sollten Sie prüfen. So gehen Sie sicher, dass Sie bei einer Übernahme nicht für Anteile zahlen, auf die Sie rechtlich kaum Einfluss nehmen können.
Die Klärung von Patentrechten gehört ebenfalls zu dieser Prüfung. Genauer aufgeschlüsselt wird dieser Bereich jedoch durch die nachfolgend erläuterte IP Due Diligence. Fragen zum Kartellrecht oder anderen Rechtsstreitigkeiten sollte eine Legal Due Diligence auch aufdecken und bestenfalls beantworten, da offene Prozesse den Wert eines Unternehmens erheblich schmälern können. Bei der juristischen Prüfung sollten Ihre Rechtsexperten auch den Kaufvertrag selbst genau überprüfen: Das ist Voraussetzung dafür, dass Sie falsche oder irreführende Angaben aufspüren können und eine Grundlage zum Aushandeln des Garantiekatalogs haben.
Bereich: IP Due Diligence
IP Due Diligence steht für „Intellectual Property Due Diligence“, also für eine Prüfung des geistigen Eigentums eines Unternehmens. Das beinhaltet, wie bereits erwähnt, unter anderem angemeldete Patente. Größere Unternehmen verfügen teilweise über eine Fülle rechtlich gesicherter Marken. Dazu gehören oft spezielle Bildzeichen, Logos (populäres Beispiel dafür ist der angebissene Apfel der Firma Apple) oder gar Geschmacksprofile für patentierte Rezepte – wie beispielsweise die Maggi-Suppenwürfel. Prüfen Sie auch, welche Lizenzen die Firma vergibt und welche sie selber nutzt. Das kann Software, Fertigungsverfahren oder Schutzrechte umfassen.
Bereich: Cultural Due Diligence
Die Cultural-Due-Diligence-Prüfung analysiert einen Teil des Unternehmens, den man nur schwer greifen kann: Die Unternehmenskultur. Dieser Begriff klingt ein wenig nach abstraktem Marketing-Sprech, kann sich aber durchaus auf den Erfolg einer Unternehmenszusammenführung auswirken. Anders als das Firmenimage beschreibt die Firmenkultur die gefühlte Wirklichkeit innerhalb eines Unternehmens. Passen die Kulturen zweier Unternehmen nicht zusammen, kommt es schnell zu Kommunikationsproblemen oder gar Auseinandersetzungen. Die jeweiligen Manager werden jedoch „ihr“ Unternehmen meist im besten Licht darstellen. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, sich vorab über die Firmenkultur zu informieren – beispielsweise indem Sie …
- Im Vorfeld eine Beziehung zu den Unternehmern bzw. Geschäftsführern aufbauen, damit
sich über Gespräche und Zusammenarbeit die Leitkultur herauskristallisiert.
- Fluktuationsraten analysieren. Flüchtet das Management möglicherweise zu einer anderen
Firma oder stagniert die Belegschaft?
- Interne Dokumente wie Protokolle, Newsletter und soziale Konzern-Netzwerke auswerten:
Sie verraten oft, wie Mitarbeiter miteinander umgehen und das Unternehmen sehen.
- Externe Quellen befragen. Kennen Sie Selbstständige, die Kontakte zum Zielunternehmen
pflegen, fragen Sie diese einfach nach deren Einschätzung.
Bereich: Strategic Due Diligence
Strategic Due Diligence beschäftigt sich mit den finanziellen Potenzialen eines Zielobjekts. Insbesondere strategische Investoren profitieren von dieser Analyse. Die Experten beziehen dabei diverse Risikofaktoren mit ein, ermitteln den Ist-Zustand und erarbeiten eine Prognose für die Zukunft eines potenziellen Mergers. Dafür analysieren sie die Kaufsache unter Berücksichtigung des jeweiligen Marktes. Das sind dabei die wichtigsten Aspekte:
- die Wertschöpfungskette
- rechtliche Rahmenbedingungen
- Operations: Arbeitsabläufe und deren Abhängigkeiten
- Konkurrenzanalyse im näheren und weiteren Umfeld, Trendvorhersage
- Marktanalyse, Nachfrage, treibende Kräfte und Trends
- Performance-Analyse und -Vergleich auf strategischer und operativer Ebene
- Eintrittsbarrieren auf dem Markt: Ist das Unternehmen leicht zu ersetzen durch neue
Konkurrenten oder Ersatzdienste
- Risikoanalyse und Maßnahmenplanung entsprechend der analysierten Abhängigkeiten
Diese Form der Risikoanalyse bündelt viele Bereiche der zuvor genannten und dient dazu, eine gewinnmaximierende Strategie für Investoren zu finden.
Fazit:
Die unterschiedlichen Formen der Due Diligence Prüfung haben auch unterschiedliche Schwerpunkte.
Sie reichen von den klassischen Bereichen Steuern, Finanzen, Recht über digitale Sicherheit bis hin zu sozial relevanten Feldern.
Für Großkonzerne lohnt es sich, sämtliche Aspekte zu erfassen, denn nicht ausreichend geplante Fusionen können sich schnell negativ auf das Geschäft auswirken. Das mindert den Unternehmenswert und kann Arbeitsplätze kosten.
Bei kleinen und mittleren Unternehmen ist zwar das Risiko bedeutend geringer, aber die erforderliche Sorgfalt ist trotzdem angebracht.