Franchisevertrag
Ein gesondertes Franchiserecht gibt es in Deutschland nicht. Allerdings hat sich in den letzten Jahren zu vielen Fragen des Franchisings eine ausgeprägte Rechtsprechung gebildet, so dass dem Praktiker der rechtliche Rahmen seiner Geschäftstätigkeit durchaus vorgegeben ist.
Seit dem 1. Februar 1989 ist die neue EU-Gruppenfreistellungsverordnung für Franchisevereinbarungen bei den meisten Franchiseverträgen wesentlicher Grundlage.
Bei einem Franchisevertrag handelt es sich in der Regel um einen komplizierten Typenkombinationsvertrag, der Elemente verschiedener Vertragstypen umfasst und in eine ganze Reihe von Rechtsgebieten hineinwirkt.
Erstellung und Überprüfung von Franchisevereinbarungen sollten durch spezielle Rechtsanwälte erfolgen. Bei der Beurteilung eines Franchisevertrages ist zuerst festzustellen, ob ihm wirklich der anerkannte Franchisebegriff zugrunde gelegt werden kann. Viele in der Öffentlichkeit als Franchisegeber angesehene Unternehmen verwenden in Wirklichkeit andere Vertriebssysteme, arbeiten beispielsweise mit Handelsvertretern, Agenturpartnern oder Vertragshändlern.
Die eindeutige Abgrenzung hat durchaus praktische Bedeutung, da viele Rechtsnormen eben nur das Franchisesystem in der dargelegten Begriffsbestimmung betreffen und Rechtssicherheit für Franchisegeber und Franchisenehmer eine unverzichtbare Voraussetzung für den Erfolg darstellt. Deshalb ist es umso bemerkenswerter, dass mindestens 80 Prozent der ohne Hinweis des Deutschen Franchise Verbandes erstellten so genannten Franchiseverträge schwerwiegende Rechtsmängel aufweisen oder sogar nichtig sind.
Aus der Präambel eines Franchisevertrages ist zu ersehen, vor welchem Hintergrund der jeweilige Franchisegeber welches Geschäftskonzept entwickelt hat und in welcher Form er es mit Partnern verwirklichen will.
Der Leistungskatalog eines Franchisegebers wird im Regelfall auch das Nutzungsrecht an einem oder mehreren Schutzrechten umfassen. Warnen muss man in diesem Zusammenhang vor nicht nachweisbar eingetragenen Schutzrechten, da mancher so genannte Franchisegeber schon feststellen musste, dass eine entsprechende Anmeldung nicht anerkannt wurde. Jeder Franchisenehmer sollte die entsprechenden Nachweise aller gewerblichen Schutzrechte in Kopie verlangen.
Problematisch ist auch der Begriff der „Zurverfügungstellung“ von „know-how“ des Franchisegebers, wenn dieser Begriff nicht als „eine Gesamtheit von nichtpatentiertem praktischen Kenntnissen, die auf Erfahrungen des Franchisegebers sowie Erprobungen durch diesen beruhen und die geheim „wesentlich und identifiziert“ sind, verstanden wird, wie es die EU-Kommission in ihrer Freistellungsverordnung festgelegt hat.
Ein absoluter Gebietsschutz für den Franchisenehmer ist nicht möglich, er kann aber sehr weitgehend festgeschrieben werden. Unzulässig ist jedoch die Verpflichtung des Franchisenehmers, Waren und Dienstleistungen, die Gegenstand des Franchisevertrages sind, nicht nach außerhalb seines Vertragsgebietes zu liefern. Viel Franchisegeber verpflichten sich, im jeweiligen Gebiet des Partners selbst keine Filialen zu eröffnen und keinen Franchisenehmer dafür zu gewinnen.
Ein Franchisevertrag wird in der Regel für einen überschaubaren Zeitraum (5-10 Jahre) unter Einschluss einer wirklichen Option abgeschlossen. Nicht ungewöhnlich sind jedoch auch Verträge, die über 10 Jahre oder sogar über 20 Jahre fest abgeschlossen werden. Hier sind die jeweilige Branche, die Höhe der Investition, die Partnerauswahl durch den Franchisegeber und dessen Geschäftsphilosophie ausschlaggebend.
Zusammenfassend kann man sagen, dass Sie folgendes Grundmuster bei jedem fairen Franchisevertrag finden werden:
Grundmuster Franchisevertrag
§ 1 Präambel
Die Präambel enthält die Grundlagen des Franchisesystems, indem sie die Voraussetzungen und die wirtschaftliche Zweckbestimmung des Vertrages aufzeigt. So wird sie regelmäßig das spezifische Tätigkeitsfeld, Elemente der Unternehmensidentität sowie die Zielvorstellungen beschreiben, die der Franchisegeber mit seinen Partnern verfolgt. Gelegentlich wird besonders darauf hingewiesen, dass dem Franchisenehmer die Gelegenheit geboten wurde, sich mit dem Franchisesystem vertraut zu machen und den Vertrag von einem Anwalt prüfen zu lassen.
§ 2 Vertragsgegenstand
Der den Vertragsgegenstand betreffende Vertragsteil regelt den Inhalt und Umfang der Franchisegewährung, den Standort und die räumliche Abgrenzung des Vertragsgebietes sowie die Nutzbarkeit der übertragenden Rechte. Er enthält insbesondere die Beschreibung der gewerblichen Schutzrechte, die auf den Franchisegeber eingetragen wurden und in Kopie dem Vertrag beiliegen. Es wird festgehalten, dass der Franchisegeber hinsichtlich der Systemkennzeichnung (Handelsname, Warenzeichen, Ausstattung) alleiberechtigt ist und der Franchisenehmer ihn bei der Aufrechterhaltung dieser Rechte zu unterstützen hat. Das spezifische Know-how eines Franchisesystems wurde in der am 31.05.2000 ausgelaufenen EG-Gruppenfreisetzungsverordnung sowie in den Leitlinien zur neuen VGVO eingehend erläutert. Auch Neuerungen und Verbesserungen, die der Franchisenehmer selbst während der Laufzeit des Franchisevertrages entwickelt, gehen im Know-how des Franchisesystems auf.
§ 3 Rechtstellung der Vertragsparteien
Franchisegeber und Franchisenehmer sind voneinander abhängige selbständige Unternehmer. Franchisenehmer werden im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig. Dem Franchisegeber steht kein generelles Weisungsrecht zu. Rechtlich gelten sie trotz systembedingter Einschränkungen ihrer unternehmerischen Freiheit als selbständige Unternehmen.
§ 4 Haftung
Jeder Vertragspartner trägt die volle Verantwortung für die Erfüllung der von ihm eingegangenen Verpflichtungen. Diese Tatsache wird seitens des Franchisegebers gelegentlich durch Aufnahme einer Haftungsbeschränkungsklausel oder durch Vorgabe der vom Franchisenehmer zu wählenden Rechtsform verdeutlicht.
§ 5 Pflichten des Franchisegebers
Der die Pflichten des Franchisegebers beschreibende Vertragsteil listet detailliert die Bestandteile des Leistungspaketes sowie etwaiger kostenpflichtige Zusatzleistungen auf. Besonders aufgeführt werden sollte das vom Franchisegeber zu liefernde Systemhandbuch. Die Aussagen des Franchisegebers in den Werbeunterlagen sind mit den tatsächlichen rechtlichen Aussagen im Vertrag zu vergleichen.
§ 6 Pflichten des Franchisenehmers
Dieser Vertragspassus listet die Pflichten eines Franchisenehmers gegenüber dem Franchisegeber im Einzelnen auf. Er ist zur vertragsgemäßen Nutzung des Leistungspaketes des Franchisegebers berechtigt und verpflichtet. Sein eigener Beitrag besteht in der Lieferung von Arbeit, Kapital und Informationen. Er ist über die Vertragsdauer hinaus zur vertraulichen Behandlung und Geheimhaltung des Know-hows verpflichtet und unterliegt, zumindest für die Laufzeit des Vertrages, einem Wettbewerbsverbot.
§ 7 Geschäftsbetrieb
Unter dem Stichwort finden sich gegebenenfalls die das Geschäftslokal des Franchisenehmers betreffenden Regelungen zusammengefasst. Sie enthalten bisweilen eine Konkretisierung des Standorts, Vorgaben zur Ausgestaltung der Geschäftsräume, Weisungs- und Kontrollrechte des Franchisegebers vor Ort oder die Verpflichtung zur Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen bei der Eröffnung und Aufrechterhaltung des Betriebes.
§ 8 Vergütung
Gebühren werden als Gegenleistung für das durch den Franchisegeber zur Vergütung gestellte Know-how, die Abtretung von Rechten sowie die Unterstützung des Franchisenehmers beim Aufbau und der Führungseines Betriebes vertraglich vereinbart. In der Regel setzt sich die Vergütung aus einer einmaligen Eintrittsgebühr und laufenden Franchisegebühren zusammen. In bestimmten Fällen wird die Franchisegebühr durch erhöhte Warenbezugspreise ersetzt oder ergänzt. Als weitere finanzielle Leistung des Franchisenehmers kommt häufig eine Werbegebühr hinzu, die die Durchführung zentraler Marketingmaßnahmen durch die Systemzentrale ermöglicht.
§ 9 Vertragsdauer
Franchiseverträge werden meist für überschaubare Zeiträume von 5 bis 10 Jahre geschlossen, wobei auch eine Laufzeit von 10 bis 20 Jahren nicht ungewöhnlich ist. Die Vertragsdauer ist von Faktoren wie Branche, Produkt/Dienstleistung, Personalauswahl und der Unternehmens-philosophie des Franchisegebers abhängig. Die Vereinbarung soll dem Franchisenehmer die Amortisation seiner Anfangsinvestitionen während der vorgesehenen Vertragslaufzeit ermöglichen oder eine Option auf Vertragsverlängerung einräumen.
§ 10 Vertragsbeendigung
Ein Franchisevertrag kann durch Zeitablauf und vorzeitig durch Kündigung oder Vertragsauflösung beendet werden. Für den Fall einer einseitigen Willenserklärung ist zwischen einer ordentlichen und einer außerordentlichen Kündigung zu unterscheiden. Bei einer schweren Erkrankung oder bei Tod des Franchisenehmers kann eine vorzeitige Vertragsauflösung oder Vertragsübertragung auf einen Dritten vorgesehen werden.
§ 11 Folgen der Vertragsbeendigung
Eine faire Regelung ist nicht zuletzt für den Zeitpunkt der Vertragsbeendigung von Bedeutung. So sollte der Vertrag die Rücknahme nicht verkaufter Produkte und aktueller Werbematerialien durch den Franchisegeber sowie die Rückgabe von Handbüchern und anderen vertraulichen Unterlagen durch den Franchisenehmer vorsehen. Auch ist an etwaiges nachvertragliches Wettbewerbsverbot zu denken, allerdings nur gültig mit einer Entschädigungsregelung. Grundsätzlich verliert der Franchisenehmer mit der Vertragsbeendigung – unabhängig vom Rechtsgrund – sämtliche Rechte aus dem Franchisevertrag und hat alles zu unterlassen, was den Anschein erwecken könnte, dass er noch immer zu dem Franchisesystem gehört. Eine besondere Regelung kann für den Fall einer Systemaufgabe sinnvoll sein.
§ 12 Widerrufsbelehrung
Soweit sich der zukünftige Franchisenehmer nicht als Kaufmann ausgewiesen hat, unterliegt er in Deutschland den einschlägigen Bestimmungen des Verbraucherkreditgesetzes. Danach muss der Franchisegeber für den Fall von Bezugsverbindungen oder Darlehensvereinbarungen eine formgerechte Belehrung mit dem Hinweis enthalten, dass der Franchisenehmer seine Annahmeerklärung innerhalb von jetzt zwei Wochen – gerechnet ab dem Tag der Aushändigung des unterschriebenen Vertrages – schriftlich wiederrufen. Unterbleibt die Widerrufsbelehrung und widerruft der Franchisenehmer seine Zustimmung innerhalb eines Jahres, führt dies zur Nichtigkeit des Vertrages von Anfang an.
§ 13 Schlussbestimmung
Am Ende des Vertrages werden die allgemein üblichen Bestimmungen zusammengefasst, die die Wirksamkeit des übrigen Vertrages bei Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen, die Vollständigkeit des Vertrages, das Erfordernis der Schriftform, den Erfüllungsort und den Gerichtsstand sowie das anwendbare Recht betreffen.
§ 14 Anlagen
Franchisevereinbarungen werden oft durch wichtige Anlagen ergänzt. Am wichtigsten sind dabei Betriebshandbücher oder Betriebsrichtlinien, in denen das Know-how und das Erfahrungswissen eines Franchisegebers standardisiert und nachvollziehbar dokumentiert sind. Der künftige Franchisenehmer sollte vor Abschluss eines Franchisevertrages auf jeden Fall Einblick in diese Unterlagen verlangen. Dabei wird ein sorgfältiger Franchisegeber natürlich Wert auf die vorherige Unterzeichnung einer schriftlichen Geheimhaltungsvereinbarung legen, um sich und die anderen Systempartner zu schützen.