● Lohn- und Gehaltskürzungen
Für den Eintritt einer Krise sind vielfach auch überhöhte Arbeitskosten und eine ineffiziente Arbeitsorganisation mitverantwortlich.
Sind die Personalkosten zu hoch, kommt das Unternehmen bei sinkendem Umsatz leicht in eine Ertragskrise. Eine schnelle Reaktion wäre dringend erforderlich. Leider ist es aber oftmals so, dass Marktveränderungen wesentlich schneller von statten gehen, als die notwendigen Reaktionen im Personalbereich eines Unternehmens.
Eine Kürzung der Löhne und Gehälter, sofern dies tarifrechtlich möglich ist, ist nur durch einen Änderungsvertrag mit dem Arbeitnehmer oder durch eine Änderungskündigung möglich.
Eine Änderungskündigung zur Arbeitsentgeltkündigung unterliegt dem Kündigungsschutz-gesetz. Sie ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber glaubhaft darlegen kann, dass bei Fortzahlung der ursprünglichen Vergütung die wirtschaftliche Existenz des Betriebes bedroht ist oder Arbeitsplätze gefährdet sind und das wirtschaftliche Überleben durch die Entgeltreduzierung gesichert wird.
Ist eine Entgeltkürzung per Änderungskündigung gerechtfertigt, so hat die Reduzierung der Entgelte bei der gesamten Belegschaft in gleichem Maße zu erfolgen.
Vorübergehende wirtschaftliche Verluste rechtfertigen keine Lohn- und Gehaltskürzungen auf Dauer.
Bei Reduzierung oder Beendigung von Weihnachtsgeld- und Urlaubsgeldzahlungen kommt es für die Änderung darauf an, auf welchem Recht diese Ansprüche beruhen. Solche Ansprüche können sein:
- Tarifrecht
- arbeitsvertragliche Zusagen
- betriebliche Übung
- Betriebsvereinbarung
- Tarifrechtliche Ansprüche
Ist der Anspruch tarifrechtlich begründet, ist eine Aufhebung oder Reduzierung nur auf der Grundlage des Tarifvertrages und des Tarifrechtes möglich.
- Arbeitsvertragliche Zusagen
Ergibt sich der Gratifikationsanspruch aus einer arbeitsvertraglichen Zusage, setzt eine Änderung oder Beendigung eine entsprechende Änderungskündigung voraus.
- Betriebliche Übung
Ist der Anspruch durch eine betriebliche Übung (Gratifikation wurde freiwillig regelmäßig gezahlt) entstanden, kann der Anspruch, soweit nicht ein Freiwilligkeits- oder Widerrufsrechtvorbehalt besteht, für die Zukunft ebenfalls durch eine Änderungskündigung oder Änderungsvereinbarung reduziert oder beseitigt werden.
- Betriebsvereinbarung
Leistungen, die durch eine Betriebsvereinbarung zugesagt sind, können auch nur durch eine neue Betriebsvereinbarung reduziert oder aufgehoben werden. Dabei gilt es die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen. Soweit keine andere Regelung vorgesehen ist, sind Betriebsvereinbarungen mit einer dreimonatigen Kündigungsfrist jederzeit kündbar (§ 77 Abs. 5 BetrVG).
Eine Betriebsvereinbarung kann auch fristlos gekündigt werden, wenn Gründe vorliegen, die, unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der Interessen des Betroffenen, ein Festhalten an der Betriebsvereinbarung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar erscheinen (besondere Ausnahme mit hohen Hürden!).
● Entlassungen
- Die betriebsbedingte Kündigung
Kündigungen von Arbeitsverhältnissen zur Reaktion auf Veränderungen im Markt führen zu betriebsbedingten Kündigungen. Hierbei sind zahlreiche spezielle arbeitsrechtliche Vorschriften zu beachten.
Eine Kündigung des Arbeitgebers ist dann sozial gerechtfertigt, wenn sie durch dringende betriebliche Erfordernisse, die eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG).
Eine betriebsbedingte Kündigung ist gerechtfertigt, wenn eine unternehmerische Entscheidung vorliegt, durch die aufgrund inner- oder außerbetrieblicher Ursachen eine veränderte Arbeitsmenge im Betrieb erledigt wird und die Kündigung dinglich, also durch andere Maßnahmen nicht ersetzt werden konnte.
Das Bundesarbeitsgericht wendet für die betriebsbedingte Kündigung folgende Prüfmaßstäbe an:
- Unternehmensentscheidung
- dringende betriebliche Gründe
- soziale Auswahl
2. Unternehmensentscheidung
Voraussetzung für eine betriebsbedingte Kündigung ist eine unternehmerische Entscheidung, mit der einem veränderten Arbeitsbedarf Rechnung getragen wird. Mit unternehmerischen Entscheid ist ein Konzept gemeint, das u. a. den Ausgleich des Personals an veränderten Arbeitsbedarf beinhaltet. Es ist mithin die technischen oder organisatorischen Maßnahmen, die der Arbeitgeber trifft, um die Struktur des Betriebes, den Betriebsablauf oder das Produktionsziel zu verändern.
Die Zweckmäßigkeit des unternehmerischen Konzeptes unterliegt nicht der richterlichen Kontrolle. Das Konzept ist lediglich darauf zu prüfen, ob eine bestimmte eingeführte Maßnahme die Kündigung bedingt und ob diese Maßnahme durch die veränderten Marktbedingungen ausgelöst wurde. Die unternehmerische Entscheidung an sich unterliegt keiner richterlichen Kontrolle, es sei denn, sie ist offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich.
Als dringende betriebliche Erfordernisse können insbesondere wirtschaftliche, technische und organisatorische Gründe angesehen werden. In der Rechtspraxis haben sich folgende Typen von betrieblichen Gründen herausgebildet:
-- Änderung der Arbeitsmethoden
-- Umstellung oder Einstellung der Produktion
-- Verlegung von Betriebsteilen
-- Verlagerung von Produktionsstätten
-- Rationalisierungsmaßnahmen (Einführung arbeitssparender Maschinen, Änderung der
Fertigungstechnik)
-- Absatzschwierigkeiten
-- betriebliche Wettbewerbssituation
-- währungspolitische Aspekte
-- Rohstoffmangel
Kennzeichnend für dringende betriebliche Umstände, die eine Kündigung rechtfertigen sollen, ist, dass der Wegfall des Arbeitsplatzes auf eine Entscheidung des Unternehmens beruht, mit der der Produktionsablauf geändert wird wie beispielsweise:
-- innerbetriebliche Reinigungsarbeiten werden an Dienstleistungsunternehmen vergeben
-- bisher von Hand ausgeführte Arbeiten werden automatisiert
-- die Fertigung von besonders arbeitsintensiven Produktgruppen wird eingestellt
Eine Kündigung ist ferner nur dann rechtswirksam, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte ausreichend berücksichtigt (§ 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG). Im Rahmen der sozialen Auswahl ist unter mehreren vergleichbaren Arbeitnehmern derjenige zu entlassen, der nach seinen Sozialdaten des geringsten Schutzes bedarf. Betriebliche Belange finden hier keine Berücksichtigung. Bei der Gewichtung der Sozialdaten sind das Lebensalter, die Betriebszugehörigkeit und die bestehenden Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen. Als weitere Auswahlgesichtspunkte kommen insbesondere in Betracht der Familienstand, Einkünfte anderer Familienmitglieder, vorhandenes Vermögen, Verschuldung, Gesundheitszustand sowie die Ursachen einer Gesundheitsbeeinträchtigung, ferner Erkrankungen, Pflegebedürftigkeit naher Angehöriger sowie arbeitsmarktpolitische Aspekte.
Die soziale Auswahl birgt erhebliche Unsicherheiten und Fehler und ist regelmäßig der Auslöser von Rechtsstreitigkeiten.
Selbst wenn alle oben genannten Bedingungen erfüllt werden, ist eine betriebsbedingte Kündigung nur dann zulässig, wenn der Arbeitgeber zuvor versucht hat, durch andere
-- zumutbare
-- technische
-- organisatorische
-- wirtschaftliche
Maßnahmen einen Personalabbau zu vermeiden.
- Massenentlassungen
Anzahl der Beschäftigten | Entlassungen innerhalb von 30 Kalendertagen |
20 bis 59 | 5 |
60 bis 499 | 25 bzw. 10 % der Belegschaft |
500 und mehr | 30 und mehr |
Meist ist eine Massenentlassung verbunden mit einer grundsätzlichen Veränderung der Arbeitsorganisation. Um eine Massenkündigung vorzunehmen zu können, muss der Arbeitsgeber einige zusätzliche Vorschriften beachten. Diese sind:
-- Anzeige an die Agentur für Arbeit gemäß § 17 Abs. 3 KSchG
-- Mitwirkung des Betriebsrates gemäß den §§ 92, 111 ff BetrVG
-- Mitwirkung des Betriebsrates gemäß § 17 Abs. 2 KSchG
-- Beteiligung des Wirtschaftsausschusses gemäß § 106 BetrVG
Der Arbeitgeber ist verpflichtet der Agentur für Arbeit eine Massenentlassung frühzeitig anzuzeigen. Zur vollständigen Anzeige gehört zum einen eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat. Zum anderen die schriftliche Stellungnahme des Betriebsrates zu den geplanten Entlassungen. Liegt diese Stellungnahme nicht vor, ist die Anzeige nur dann wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft machen kann, dass er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige unterrichtet hat und er den Stand der Beratungen darlegen kann.
Die Anzeige löst eine Anhörung von Arbeitgeber und Betriebsrat durch die Agentur für Arbeit aus. Das Ergebnis der Anhörung beeinflusst die Entscheidung der Agentur für Arbeit über Sperrfristen oder die Zulässigkeit von Kurzarbeit. In der Regel löst die Anzeige eine einmonatige Sperrfrist aus, die bis auf zwei Monate verlängert werden kann. Innerhalb der Sperrfrist dürfen keine Entlassungen oder Entlassungen nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Agentur für Arbeit erfolgen.
Der Arbeitgeber ist gemäß §§ 92, 111 ff BetrVG verpflichtet den Betriebsrat über die Personalplanung, insbesondere über den gegenwärtigen und zukünftigen Personalbedarf sowie über die sich daraus ergebenden personellen Maßnahmen an Hand von Unterlagen rechtzeitig und umfassend zu informieren. Er hat mit dem Betriebsrat über die Maßnahmen und über die Vermeidung von Härten ausführlich zu beraten. Der Betriebsrat kann dabei dem Arbeitgeber u.a. Vorschläge für die Einführung einer Personalplanung und ihrer Durchführung machen.
Darüber hinaus ist der Arbeitgeber gemäß § 17 Abs. 2 KSchG verpflichtet, den Betriebsrat rechtzeitig und schriftlich über die beabsichtigte Massenentlassung zu unterrichten. Die Unterrichtung sollte folgendes beinhalten:
-- Gründe für die geplanten Entlassungen
-- Zahl und die Berufsgruppe der zu entlassenen Arbeitnehmer
-- Zahl und die Berufsgruppe der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer
-- Zeitraum der Entlassungen
-- Auswahlkriterien
-- Berechnung etwaiger Abfindungen
Neben der schriftlichen Mitteilung ist der Arbeitgeber rechtlich verpflichtet mit dem Betriebsrat über Möglichkeiten zur Vermeidung von Entlassungen und / oder Abmilderung der Folgen zu beraten.
Ferner hat der Betriebsrat gemäß § 102 BetrVG das Recht, vor jeder einzelnen Kündigung unter Mitteilung der Gründe vom Arbeitgeber angehört zu werden.
Nach § 106 BetrVG müssen alle Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigte einen Wirtschaftsausschuss bilden. Dieser hat die Aufgabe, wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem Unternehmer zu beraten und den Betriebsrat zu unterrichten.
- Betriebsänderung
Nach § 111 Satz 1 BetrVG ist der Arbeitgeber in Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten verpflichtet den Betriebsrat über Betriebsänderungen und ihre möglichen Nachteile für die Belegschaft zu unterrichten.
Meldepflichtige Betriebsänderungen gemäß 111 BetrVG sind:
-- Einschränkung und Stilllegung eines ganzen Betriebes von wesentlichen Betriebsstellen
-- Verlegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen
-- Zusammenschluss mit anderen Betrieben
-- Spaltung von Betrieben
-- Grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks, der
Betriebsanlagen
-- Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren
Die Realisierung von Betriebsänderungen und die damit meist verbundenen Nachteile für die Belegschaft bedürfen zweier gesetzlicher Voraussetzungen:
-- Interessenausgleich
-- Sozialplan
Gegenstand des Interessenausgleiches ist die Beratung des Arbeitgebers mit dem Betriebsrat über das
-- ob
-- wann
-- wie
der Betriebsänderung.
Das Ziel der Beratung ist es, ernsthaft eine Veränderung zwischen den Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmern herbeizuführen, die einerseits eine wirtschaftliche Fortführung des Betriebes ermöglicht und andererseits möglichst viele Arbeitsplätze sichert und erhält.
Inhalt, Form und Verfahren des Interessenausgleiches sind gesetzlich geregelt. Kommt ein Interessenausgleich nicht zustande, so können entweder der Arbeitgeber oder der Betriebsrat den Präsidenten der jeweiligen Landesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen (§ 122 Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Geschieht dies nicht oder bleibt der Vermittlungsversuch erfolglos, kann in diesem Fall (wiederum von beiden Seiten) die Einigungsstelle angerufen werden. Die Einigungsstelle kann einen Interessenausgleich nicht gegen den Willen der beteiligten Parteien beschließen.
Betriebsänderungen gehen meist einher mit dem massiven Abbau von Arbeitsplätzen. Der Abbau verlangt gesetzlich die Erstellung eines Sozialplans. Der Arbeitgeber und der Betriebsrat müssen eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile einer Massenentlassung für den betroffenen Arbeitnehmer herbeiführen. Geschieht dies nicht, kann wiederum der Präsident der jeweiligen Landesagentur für Arbeit um Vermittlung angerufen werden. Ist diese Vermittlung fruchtlos, so kann die angerufene Einigungsstelle den Sozialplan per Spruch beschließen.
Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. Für die einzelnen Arbeitnehmer schafft er unmittelbar rechtlich einklagbare Ansprüche gegen den Arbeitgeber.
Für betriebsratlose Betriebe besteht keine Pflicht zur Verhandlung über einen Interessensausgleich oder einen Sozialplan!
- Kurzarbeit
Sind vorübergehende Absatzschwierigkeiten oder Produktionsstörungen für die Unternehmenskrise verantwortlich, kommt statt Personalabbau auch eine zeitweise Durchführung von Kurzarbeit in Betracht.
Kurzarbeit bedeutet die vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen normalen Arbeitszeit.
Kurzarbeit kann in verschiedenen zeitlichen Modellen erfolgen. Sinn und Zweck ist die vorübergehende Entlastung des Betriebes durch Senkung der Personalkosten unter Aufrechterhaltung der Arbeitsplätze.
Die rechtliche Grundlage für die Einführung der Kurzarbeit ist recht vielfältig. Sie umfasst
-- tarifrechtliche Ermächtigungsnormen
-- Betriebsvereinbarungen
-- Änderungskündigung
-- Vereinbarung
-- § 19 KSchG (Kurzarbeit durch Genehmigung der Landesagentur für Arbeit im Rahmen
einer Massenentlassung; Sperrfrist § 18 KSchG)
Die betroffenen Arbeitnehmer erhalten bei der Einführung von Kurzarbeit ein Kurzarbeitergeld durch die Agentur für Arbeit (§§ 169 ff SGB III). Hauptzweck des Kurzarbeitergeldes ist es, den Arbeitnehmer bei vorübergehenden Arbeitsausfall die Arbeitsplätze und den Betrieb die eingearbeiteten Arbeitskräfte zu erhalten. Damit dient das Kurzarbeitergeld der Stabilisierung der Arbeitsverhältnisse und des Betriebes. Ferner wird der Eintritt von Arbeitslosigkeit bei vorübergehenden Arbeitsausfällen kurzfristig hinausgezögert oder sogar vermieden.