● Begriff: Handelskauf
Der Begriff des Handelskaufs ist durch § 381 HGB um den Kauf von Wertpapieren sowie den Werklieferungsvertrag über den Kauf von Waren hinaus erweitert.
● Ratio
Sinn und Zweck der Regeln im Handelskauf ist die Beschleunigung des Handelsverkehrs.
● Der Fixhandelskauf
Der Fixhandelskauf ist in § 376 HGB näher bestimmt. Er ist vom Fixkauf des BGB nach § 323 II Nr. 2 BGB zu unterscheiden. Nach § 323 II Nr. 2 BGB besteht die Besonderheit, dass der Rücktritt unter erleichterten Bedingungen möglich ist.
Nach § 376 I 1 HGB kann „im Zweifel“ vom Vertrage zurückgetreten werden, bei Vorliegen von Verzug besteht Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Erfüllung kann nur beansprucht werden, wenn der Gläubiger dem Schuldner sofort nach Ablauf der Zeit oder Frist anzeigt, dass er auf Erfüllung besteht (§ 376 I 2 HGB).
Ein Fixgeschäft setzt stets voraus, dass die Parteien für die Leistung des Käufers einen kalendermäßig fest bestimmbaren Termin setzen. Das Datum selbst muss nicht genannt sein. Im Handelsverkehr werden in diesem Zusammenhang üblicherweise Klauseln verwendet (beispielsweise „genau“, „präzise“ mit Angabe eines Zeitpunktes, „Nachlieferung ausgeschlossen“, „fix“).
Wird für pünktliche Belieferung ein höherer Preis vereinbart, spricht dies gleichfalls für das Vorliegen eines Fixgeschäfts.
● Die Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten (§ 377 HGB)
- Allgemeines
§ 377 HGB schützt den Verkäufer vor der Inanspruchnahme durch den Käufer wegen der nach längerer Zeit nur schwer feststellbaren Mängel und wegen der Einfachheit und Schnelligkeit im Handelsverkehr.
Die Vorschrift gilt beim zweiseitigen Handelskauf (§§ 343, 344 HGB), auch von Hardware mit nicht speziell für den Käufer hergestellter Software62, über § 381 HGB u.a. auch für Verträge, die die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen zum Gegenstand haben.
Prüfungsschema: Vor. der Rügeobliegenheit (§ 377 HGB)
1. Beidseitiger Handelskauf (§§ 1 ff. HGB; §§ 343, 344 HGB)
2. Kein Ausschluss von § 377 HGB
a) Ausschluss durch Parteivereinbarung
b) § 377 VHGB
3. Ablieferung der Ware (u.U. auch Ablieferung an Dritte)
4. Mangel der Ware (§ 434)
- Einzelheiten zur Rügeobliegenheit
-- Begriff „Obliegenheit“
Bei der Rüge handelt es sich nicht um eine Rechtspflicht, sondern um eine Obliegenheit, d.h. der Käufer verliert Rechte, wenn er sich nicht an die Vorgaben der Bestimmung des § 377 HGB hält, § 377 II HGB.
-- Begriff „Rüge“
Die Rüge ist eine formlose Anzeige, die die Mängel einzeln aufführen muss (empfangsbedürftige Erklärung).
BGH NJW 1996, 2228: Zu der Anzeige des Käufers gemäß § 377 I HGB wegen eines Mangels der Ware gehört nicht, dass der Käufer auch mitteilt, welche Rechte er wegen des Mangels geltend machen will.
-- Begriff „unverzüglich“
Soweit es die Frist hinsichtlich der notwendigen Untersuchung betrifft, spricht das Gesetz von „unverzüglich“. Unverzüglich ist definiert in § 121 I 1 BGB. Die Definition gilt auch für das HGB. Die Frist beginnt mit der Ablieferung.
Rechtsfolgen bei nicht ordnungsgemäßer Rüge
Rügt der Käufer ordnungsgemäß und fristgerecht i.S.v. § 377 I, III HGB, erhält er sich seine Rechte. Neue Rechte des Käufers entstehen hingegen nicht.
Erfüllt der Käufer seine Rügeobliegenheit nicht oder zu spät, tritt ein Rechtsverlust bezüglich des Mangels ein.
Die Genehmigung i.S.v. § 377 II HGB meint die Billigung der Ware hinsichtlich des konkreten Mangels, nicht erkannte oder auch einfach nicht erkennbare Mängel bleiben hiervon unberührt.
--- Soweit der Käufer im Rahmen eines beidseitigen Handelsgeschäfts einen Mangel i.S.d. §
434 BGB nicht unverzüglich rügt, verliert der Käufer sämtliche Gewährleistungsansprüche
aus § 437 BGB.
--- Anders ist dies lediglich bei der Verletzung weiterer kaufvertraglicher Nebenpflichten
durch den Verkäufer, soweit diese nicht durch § 434 BGB erfasst sind.
Beispiel:
Anspruch auf Schadensersatz wegen ungenügender Verpackung, soweit der Anspruch auch dann bestanden hätte, wenn die Ware mangelfrei geliefert worden wäre (wieder anders, wenn die Verpackung zur Ware gehört!).
--- Unberührt bleiben auch Ansprüche unerlaubter Handlung und Produkthaftung
a) Sonderfall: Falschlieferung
Bei der Falschlieferung sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden:
Fall 1: Tatsächlich gelieferte Ware ist weniger wert als die bestellte Ware – dann besteht eine Zahlungspflicht bezüglich des vereinbarten Kaufpreises65, dies folgt aus § 377 II HGB (gleiches gilt bei gleichwertiger – anderer – Ware)
Fall 2: Die tatsächlich gelieferte Ware ist mehr wert als die bestellte Ware – dann besteht keine Zahlungsverpflichtung bezüglich des entsprechend höheren Kaufpreises. Argumentiert wird damit, dass das Rügeversäumnis nur zu einem Verlust von Käuferrechten führe, § 377 HGB aber keine weitergehenden Verkäuferrechte begründen möchte; soweit der Verkäufer mit dem vereinbarten Kaufpreis nicht zufrieden sei, stehe ihm die Kondiktion nach §§ 812 ff. BGB offen.
b) Sonderfall: Zuwenig-Lieferung
Wird weniger als zugesagt geliefert, hat der Verkäufer Anspruch auf Zahlung des vollen Kaufpreises; es besteht kein Recht des Käufers auf Nachforderung. Nach herrschender Meinung gilt dies auch dann, wenn sich die Minderlieferung unschwer erkennen lässt.
Prüfungsschema
Prüfungsschema: Vor. der Rügeobliegenheit (§ 377 HGB)
1. Beidseitiger Handelskauf
- Kaufmannsstatus (§§ 1 ff. HGB)
- §§ 343, 344 HGB
2. Kein Ausschluss des § 377 HGB
a) Ausschluss durch Parteivereinbarung
b) § 377 V HGB
c) Kein genereller Ausschluss durch Qualitätssicherungsvereinbarungen
3. Ablieferung der Ware
a) Problem: Ablieferung an Dritte (maßgeblich ist die Möglichkeit der Untersuchung)
b) Bei Streckengeschäft liegt Ablieferung in der Auslieferung an den Empfänger
4. Unverzügliche Untersuchung (maßgeblich v. a. für Beginn der Rügefrist)
Zeitlicher Maßstab: Unverzüglich nach Ablieferung soweit nach ordnungsgemäßem
Geschäftsgang tunlich
5. Mangel der Ware (s. § 434)
Problem 1: Der „offene“ Mangel (Stichproben!)
Problem 2: Auch die Mehrlieferung ist erfasst, strittig (Arg.:
Richtlinienkonforme Auslegung)
Problem 3: § 377 III HGB
Problem 4: aliud-Lieferung –
a) Stückkauf: Nicht das gekaufte, sondern ein anderes Stück
b) Gattungskauf: Gelieferte Ware gehört nicht zur Gattung, die nach Parteivereinbarung vom Verkäufer geliefert werden sollte
6. Unverzügliche Rüge (= geschäftsähnliche Handlung)
a) Empfangsbedürftige Erklärung
b) Rüge eines jeden Mangels (Angabe des geltend gemachten Rechts nicht erforderlich!)
c) Formfrei
d) Verspätungsrisiko trägt Verkäufer, § 377 IV HGB