Dem geordneten Ablauf einer Sanierung kommt eine wesentliche Bedeutung zu. Dabei bilden der hohe Zeitdruck und ein systematisches Vorgehen keinen Widerspruch. Im Gegenteil, ein systematisches Vorgehen ist eine wesentliche Voraussetzung für einen Zeitgewinn.
Bei drohender Insolvenz sind zunächst einmal Sofortmaßnahmen zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit zu ergreifen. Mit diesen Sofortmaßnahmen gewinnen Sie wertvolle Zeit, um sich der eigentlichen Sanierung widmen zu können.
Nach der Analyse Ihrer Verlustquellen sind Chancen und Risiken einer Sanierung zu überprüfen und die grundsätzliche Sanierbarkeit festzustellen. Ist die Sanierbarkeit gegeben, wird ein Masterplan aufgestellt, in dem die mittelfristigen und langfristigen Ziele und Maßnahmen definiert werden.
Der Erfolg einer Sanierung ist kein Zufallsergebnis, sondern beeinflussbar. Dafür muss eine Reihe von Faktoren beleuchtet werden, die diesen Erfolg erst herbeiführen.
Ebenso, wie es Erfolgsfaktoren einer Sanierung gibt, existieren auch eine Vielzahl von Scheiterungsfaktoren. Besonders im Managementverhalten sind in der Praxis immer wieder ähnliche Stolpersteine feststellbar, die eine Sanierung scheitern lassen.
Neben diesen Schwierigkeiten treten aber auch eine Reihe von weiteren Problemen im Laufe einer Sanierung auf, die es gilt zu lösen. Diese Probleme sind:
- Alle Sanierungsmaßnahmen sind naturgemäß eng finanziert
- Wenn die getroffenen Maßnahmen nicht rasch und sichtbare Erfolge zeitigen, droht schnell ein Rückfall in den alten und erfolglosen Unternehmenstrott
- Um neue Märkte und Kunden zu beliefern, müssen ggf. kosten- und zeitintensive Produkte entwickelt werden
- Eine Produktionsumstellung benötigt einen bestimmten Umstellungszeitraum, in der Lieferverzögerungen nicht auszuschließen sind
Um die obengenannten Gefahren zu begegnen, bieten sich verschiedene Vorgehensweisen an, die miteinander kombiniert eingesetzt werden können. Diese sind:
- Einbindung der 2. und 3. Führungsebene und Delegation von Kompetenzen und Verantwortung
- Zumindest teilweise Umbesetzung der bisherigen Geschäftsleitung durch Zeitmanager und unternehmensinterne Mitarbeiter der 2. Führungsebene
- Berufung eines operativen Beirats ggf. unter Mitwirkung der Hauptgläubiger
- Einschaltung eines externen Branchenspezialisten
- Einbau eines operativen und strategischen Frühwarnsystem, um eingehende Gefahrensignale rechtzeitig und systematisch zu lokalisieren
Sofortmaßnahmen
- Bareinzahlungen vornehmen
- nicht betriebsnotwendiges Vermögen verkaufen
- Bestandssonderverkäufe durchführen
- Sale-and-lease-back
- Massives Eintreiben von ausstehenden Forderungen; ggf. mit Hilfe eines Inkassobüros
- Verzögerung eigener Zahlungen
- Stillhalteabkommen mit großen Lieferanten
- fresh money (stille Beteiligungen)
kurzfristige Verhandlungen mit den Banken
- Stillhalteabkommen schließen und Kreditkündigungen vermeiden
- Tilgungsaussetzungen vereinbaren
- Kontokorrentkredite in langfristige Darlehen umwandeln
- Zinsverhandlungen führen
- Erhöhung des Kreditumfangs
mittelfristige Aktionen
- Überprüfung und ggf. Anpassung des Unternehmenskonzeptes an die Marktgegebenheiten
- Kostensenkungen
- Leistungsbezogene Entlohnung
- Aufbau eines effizienten Mahnwesens
- Straffung der Betriebsorganisation
- Verminderung der Arbeitskosten
- Verbesserung des Einkaufsverhaltens
- Minimierung von Lagern und Zwischenlagern
- Aufbau eines effizienten Controllingsystems
langfristige strategische Maßnahmen
- Änderung der Rechtsform
- Suche nach neuen Gesellschaftern
- Veränderung der Betriebsstrukturen
- Entwicklung neuer Produkte, Dienstleistungen, Geschäftsbereiche
- Einstellung von unrentablen Produkten und Leistungen
- Einführung moderner Produktionstechniken
- Erschließung neuer Kunden und Märkte
- Betriebsablaufoptimierung
- Make oder buy Entscheidung
Erfolgsfaktoren einer Sanierung
- Präzision der Ursachenanalyse
- Kreativität und Mut zu Veränderungen
- Detaillierung in der Maßnahmenplanung
- Realitätsbezug bei der Quantifizierung
- Konsequenz in der Durchsetzung
- Sanierungserfahrene Manager
- Vertrauenswürdigkeit des Informationsverhaltens
- Schnelligkeit im Handeln
Scheiterungsfaktoren einer Sanierung
- zu hoher Optimismus bei der Quantifizierung des Umsatzes
- wenig präzise Maßnahmenplanung
- unzureichende Kenntnis der Verlustursachen
- zu wenig Vertrauen in die Opferbereitschaft der Mitarbeiter
- Improvisation statt systematisches Vorgehen
- keine Erfahrungen im Krisenmanagement
- Taktieren der Beteiligten
- zu geringe Bereitschaft zu radikalen Änderungen
- Erstellen unübersichtlicher „Zahlenfriedhöfe“
Stolpersteine für den Turnaround
- Fluchtfalle (Management entzieht sich der Unternehmenskrise)
- Lähmungsfalle (Management entscheidet überhaupt nicht mehr)
- Kommunikationsfalle (Maßnahmen werden nicht kommuniziert)
- Reparaturfalle (bloßes Kurieren an den Symptomen)
- Schutzschirmfalle (Management schützt Lieblingsprojekte)
- Rücksichtsfalle (Management setzt Maßnahmen nur halbherzig um)
- Strategiefalle (Management missachtet die Notwendigkeit zu einer neuen
Unternehmensausrichtung)
- Selbstbetrugsfalle (Management spricht sich Mut zu nach dem Motto „Alles nicht so
Schlimm“)
- Wahrnehmungsfalle (Management nimmt nur das noch wahr, was es wahrnehmen will)
Eine Sanierung eines angeschlagenen Unternehmens ist immer eine außergewöhnlich große Herausforderung, die sich immer nur dann erfolgreich bewältigen lässt, wenn die Beteiligten - also das Unternehmen, die Kreditinstitute, die übrigen Gläubiger und das Personal - den Prozess des Turnarounds eng und in einem intensiven Dialog begleiten, um gerade in kommenden wieder auftretenden Krisensituationen die Sanierung gemeinsam unterstützen weiter voranzutreiben.
Tatsächlich lassen sich im Ergebnis die individuellen Risiken einer Unternehmenssanierung weder präzise prognostizieren noch lassen sich die Probleme im Alleingang durch einen Beteiligten lösen.
Integrations- und Kommunikationsfähigkeit ist neben der Sanierungsfähigkeit der entscheidende Erfolgsfaktor.