Eine Liquiditätszufuhr durch weitere Bankkredite scheidet in der Regel aus, weil eine entsprechende Kreditwürdigkeit nicht mehr gewährleistet ist. Trotzdem haben die Banken noch eine Reihe von Hilfsmöglichkeiten, die bei einer Konsolidierung hilfreich seien können.
● Umschuldung alter Kredite mit Tilgungsstreckung
Sollte die Kapitaldienstfähigkeit des Unternehmens durch einen Rückgang des erwirtschafteten Cash-Flows zur Rückführung aufgenommener Mittel nicht mehr vollständig ausreichen, ist häufig eine Umschuldung alter Kredite mit gleichzeitiger Streckung der Rückzahlung bzw. Absenkung der Tilgungen eine Möglichkeit, das betroffene Unternehmen finanzwirtschaftlich zu entlasten. Häufig wird dieses Instrument eingesetzt, um die Belastung aus langfristigen Krediten mit hohen Tilgungsanteil, der bei nicht mehr ausreichendem Cash-Flow aus den KK-Linien bedient wird, auf ein adäquates Maß zu senken und so die Kapitaldienstfähigkeit wiederherzustellen. Insoweit ist diese Möglichkeit ein relatives schwaches Mittel zur Beseitigung eines Liquiditätsengpasses.
● Zins- und Tilgungsverzicht
Der Verzicht auf Zinsforderungen ist demgegenüber ein stärkeres Mittel zur Liquiditätsschöpfung. Er kann darüber hinaus auch in engen Grenzen zur Beseitigung einer möglichen Überschuldungssituation beitragen und zwar insoweit die der reinen Kapitalforderung zuzuschlagenden Zinsen die Überschuldung einer Kapitalgesellschaft auslösen würden. Zinsverzichte werden allerdings in erster Linie dazu eingesetzt, eine etwaige Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Einzelvertragliche Regelungen mit Widerrufsmöglich-keiten und Verfallsklauseln können flexibel gestaltet werden. Zinsverzichte können sowohl in Höhe eines bestimmten Betrages als auch für eine bestimmte Zeitdauer vereinbart werden. Verzichte sind für rückständige Zinsforderungen genauso möglich wie für zukünftige Zinszahlungen. Darüber hinaus kann ein Zinsverzicht an aufschiebende Bedingungen geknüpft werden, zum Beispiel die termingerechte Zahlung von Tilgungsleistungen. Neben dem Verzicht auf Zinsleistungen ist ebenso ein Verzicht auf zu tilgende Teile der Hauptforderung möglich. Die mit einem Zinsverzicht erzielten Wirkungen in Bezug auf die Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung können so verstärkt werden.
Zur Verbesserung der Rentabilitäts- und Liquiditätssituation werden für die Dauer der Unternehmenskrise mit dem Schuldnerunternehmen häufig sogenannte Sanierungszinssätze vereinbart, d.h., dass der berechnete Zins abgesenkt wird. Für den kurzfristigen Bereich ist dabei Euribor zuzüglich einer Risikomarge üblich. Der Zins spiegelt zwar nicht mehr die Opportunitätskosten des Kredits wieder, kann jedoch helfen, eine Insolvenzantragspflicht mit der damit möglicherweise verbundenen Wertberichtigung zu vermeiden.
● Freigabe von Sicherheiten
Die Freigabe von Sicherheiten dient ebenfalls der Zuführung liquider Mittel. Eine Wirkung hinsichtlich einer Überschuldung entfaltet sie naturgemäß nicht. Sie kann grundsätzlich auf zwei verschiedene Arten erfolgen und zwar als direkte Zuführung liquider Mittel z.B. durch Freigabe von verpfändete Guthaben oder als indirekte Zuführung liquider Mittel durch Freigabe von Sicherheiten. Die direkte Zuführung liquider Mittel wird in der Praxis nahezu ausgeschlossen sein. Ein Kreditinstitut sollte nicht bereit sein ohne Gegenleistungen auf liquide Sicherheiten zu verzichten und so eine Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Position hinzunehmen. Ein Tausch von liquiditätsnahen mit liquiditätsfernen Sicherheiten (z.B. Verpfändung Guthaben gegen Grundschuld) ist allerdings durchaus denkbar. Relevanter ist wohl die Freigabe von Sicherheiten, die von Banken und Sparkassen als nicht entsprechend werthaltig betrachtet und so in der Bewertung nicht oder nur in einem geringen Maße angesetzt werden. Sind demgegenüber andere Drittmittelgeber von der Werthaltigkeit dieser Sicherheiten überzeugt, können diese für die Bereitstellung weiterer Liquidität genutzt werden. Als Beispiel kann die Freigabe von zedierten Forderungen genannt werden, die dann von einer Factoring-Bank angekauft werden können. Bei der Freigabe der Sicherheiten ist natürlich zu vereinbaren, dass die dann neu gewonnene Liquidität ausschließlich dem Krisenunternehmen zur Verfügung gestellt wird.
● Rangrücktrittserklärungen
Zur Abwendung einer möglichen Überschuldung besteht bei Kapitalgesellschaften nicht nur für den Gesellschafter, sondern auch für die Kreditinstitute die Möglichkeit, durch eine Rangrücktrittserklärung eine Insolvenzantragpflicht zu vermeiden. Dieses Instrument ist für Banken und Sparkassen als Alternative zu einem echten Kapitalverzicht zu sehen. Ein solcher Rangrücktritt sollte allerdings von Bankseite erst erwogen werden, wenn von Seiten der Gesellschafter keine weiteren Möglichkeiten des Rangrücktritts für alte oder neue Mittel gegeben sind. Mit einem solchen Rangrücktritt, der auch Subordination genannt wird, tritt das Kreditinstitut mit seinen Ansprüchen gegen das Krisenunternehmen im Rang zurück zugunsten aller gegenwärtigen und zukünftigen sonstigen Schuldner des Unternehmens, indem Tilgungen, Zinsen und Kosten auf die zurückgetretenen Forderungen gegen den Schuldner so lange nicht geltend gemacht werden, wie die teilweise oder vollständige Befriedigung dieser Forderungen zu einer Überschuldung des Unternehmens führen würde. Für den Fall einer Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder Ablehnung desselben mangels Masse erlässt das Kreditinstitut dem Unternehmen diese Forderungen. Darüber hinaus verzichtet die Bank auf die Inanspruchnahme etwaiger ihr zur Absicherung der im Rang zurückgetretenen Forderungen gestellter Sicherheiten, solange und soweit der vereinbarte Rangrücktritt besteht. Meist steht die Rangrücktrittsvereinbarung unter der auflösenden Bedingung, dass das Krisenunternehmen unter Einbeziehung der betreffenden Forderungen nicht überschuldet ist. Soweit die Überschuldung durch Einbeziehung der zurückgetretenen Forderung nicht eintritt, wird ein Erlöschen der Wirksamkeit der Rangrücktrittserklärung geregelt. Eine so ausgestaltete Rangrücktrittserklärung führt dazu, dass die betreffenden Kredite in einen Überschuldungsstatus nicht mehr aufgenommen werden müssen. Das Bestehen oder Fortbestehen einer möglichen Überschuldung ist dabei kontinuierlich zu prüfen. Eine entsprechende Überprüfung kann dabei auch dem jeweiligen beauftragten Wirtschaftsprüfer im Rahmen der Abschlussarbeiten aufgegeben werden.
● Verzicht auf Kapitalforderungen
Dem Ansinnen auf Verzicht auf Kapitalforderungen gegen Krisenunternehmen sehen sich Banken immer häufiger ausgesetzt. Dieser Verzicht stellt einen Erlass der Schuld durch die Gläubigerbank des Unternehmens dar. Ein solcher Verzicht kann sowohl eine Überschuldung beseitigen als auch eine Zahlungsunfähigkeit vermeiden helfen. Dabei wird regelmäßig ein sogenannter Besserungsschein vereinbart. Dieser Besserungsschein ist die Zusage des Schuldners, dass die Forderung ganz oder teilweise erfüllt wird, wenn die wirtschaftliche Lage des Schuldners sich verbessert hat und die Erfüllung der dann entstehenden Zahlungspflicht keine Beeinträchtigung des Geschäftsbetriebes des betroffenen Unternehmens und keine Gefährdung der anderen Gläubiger bewirkt. Erfahrungsgemäß sind Zahlungen auf solche Besserungsscheine relativ selten, können aber im Einzelfall durch zweckmäßig sein. Ein solcher Besserungsschein sollte dabei auf jeden Fall vereinbart werden.
Auf eine bedeutende steuerliche Implikation muss in diesem Zusammenhang hingewiesen werden. Mit Einführung der neuen Insolvenzordnung ist gleichzeitig die Steuerfreiheit für sogenannte Sanierungsgewinne weggefallen! Das bedeutet, dass betroffene Unternehmen die außerordentlichen Gewinne, die ihnen aufgrund eines Verzichtes auf Kapitalforderungen entstehen, vollständig zu versteuern haben. Neben dem Verzicht könnte das also auch einen zusätzlichen Finanzierungsbedarf für die Zahlung der Steuerschuld bedeuten, der wiederum durch die begleitenden Institute abzudecken wäre. Dieser doppelten Belastung sollten sich Banken jedoch regelmäßig verschließen.
Ein Kapitalverzicht ist nur dann steuerlich neutral, wenn Verlustvorträge in Höhe des Verzichtsbetrages bestehen. Eine entsprechende Bestätigung eines Steuerberaters ist auf jeden Fall einzuholen.
Ebenfalls zunächst steuerneutral ist ein auf den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder Abweisung eines solchen mangels Masse aufschiebend bedingter Verzicht auf Kapitalforderungen, da die Versteuerungspflicht erst nach Eintritt der genannten Bedingung eintritt.
Als ebenfalls steuerneutrale Alternativmöglichkeit zu einem Verzicht bleibt der Verkauf der Forderung von Seiten der Bank an Dritte mit einem entsprechend hohen Abschlag. Wird ein Verzicht durch einen solchen Verkauf substituiert, geht am in der Regel von einem symbolischen Verkaufswert aus.
● Umwandlung von Kreditforderungen in Beteiligungskapital
Häufig stehen in Krisensituationen keine weiteren Sicherheiten zur Verfügung, sei es aus dem Unternehmen selbst oder von dritter Seite. In einer solchen Lage wird Kreditinstituten häufig als letztes mögliches Asset eine Beteiligung an dem Unternehmen selbst angeboten. Im Gegenzug wird entweder eine Ausweitung des Kreditengagements oder eine Verminderung der Fremdkapitallast erwartet. Im letzteren Fall kann eine solche Umwandlung von Kreditforderungen in Beteiligungskapital eine mögliche Überschuldungssituation beseitigen, da nach erfolgter Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital in einem Überschuldungsstatus das neue Eigenkapital ebenso wie das bereits vorher bestehende nicht anzusetzen ist. Eine solche Umwandlung wird als Debt-Equity-Swap bezeichnet. Eine bestimmte Summe an Fremdkapitalien wird mittels Kapitalerhöhungsbeschluss in Eigenkapital umgewandelt. Zunächst gilt es jedoch auf die Werthaltigkeit der eingebrachten Forderungen zu achten. Für den Fall, dass eine nicht mehr werthaltige und somit vollständig einzelwertzuberichtigende Forderung in Eigenkapital umgewandelt würde, und das Unternehmen später in die Insolvenz fiele, bestände für einen Insolvenzverwalter die Möglichkeit, aufgrund von mangelnder Werthaltigkeit der zunächst erbrachten Einlage eine ordnungsgemäße Einbringung zu bestreiten und eine nochmalige - nun erstmals werthaltige- Einbringung zu fordern.
Mit der Umwandlung von Fremdkapital in Beteiligungskapital werden Banken Gesellschafter von Krisenunternehmen. Als Vorteil einer solchen Beteiligung kann neben der bereits erwähnten Beseitigung einer möglichen Überschuldung die Absenkung der Finanzierungs-kosten durch geringere Fremdkapitalkosten gesehen werden, da in der Regel auch nach erfolgreicher Sanierung die Fremdkapitalkosten prozentual höher liegen werden als die Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals. Für den Fall einer erfolgreichen Sanierung partizipieren die Banken über ihre Beteiligung auch an dem Anwachsen möglicher stiller Reserven des Unternehmens. Darüber hinaus könnte es als Vorteil betrachtet werden, dass Einflussmöglichkeiten des neuen Gesellschafter „Bank“ auf die Geschäftsführung nun gegeben sind. Gerade diese Einflussmöglichkeiten können sich allerdings als Bumerang für die Bank selbst erweisen. Wird der Einfluss zu Lasten anderer Gläubiger ausgeübt, kann dies nicht nur zum Verlust der Kreditmittel und der Sicherheiten führen, sondern auch eine Schadensersatzpflicht gegenüber den anderen Gläubigern begründen.
Mit der Übernahme von unternehmerischer Verantwortung ist darüber hinaus auch aufgrund zumindest tendenziell verstärkter Einflussnahme auf die Geschäftsführung eine Haftungserweiterung verbunden. Neben der größeren Haftungsgefahr aufgrund von Beihilfe zur Insolvenzverschleppung, Schulnerknebelung oder Quasi-Gesellschafterhaftung soll an dieser Stelle auf die Haftung nach den Regeln des Eigenkapitalersatzes hingewiesen werden.
Beteiligt sich die Hausbank an einem Krisenunternehmen, so gelten für die Bank dieselben Maßstäbe des Eigenkapitalersatzrechtes wie für jeden anderen Gesellschafter Gewährt also ein Kreditinstitut ein Darlehen an ein Unternehmen, an dem es zu mehr als zehn Prozent beteiligt ist, oder lässt nach einer solchen Beteiligung Altkredite stehen, obwohl das Unternehmen in einer Krisensituation ist bzw. in eine solche geraten ist, dann qualifizieren sich sowohl die neugewährten als auch die stehengelassenen Kreditmittel als eigenkapitalersetzend und sind sowohl während der Krise als auch für den Fall einer späteren Insolvenz mit einem Rückzahlungsverbot behaftet. Ebenso sind die für diese Kredite bestellten Sicherheiten nicht verwertbar.
Eine Beteiligung an Schuldnerunternehmen in der Krise ist daher immer sehr genau zu prüfen und kann nur in ganz bestimmten Fällen überhaupt empfohlen werden.
Eine Umwandlung von Krediten in Genussrechtskapital kann eine haftungsrechtlich unbedenkliche Alternative darstellen. Soweit vertraglich vereinbart wurde, dass das Genussrechtskapital an Bilanzverlusten nach Verbrauch der Rücklagen im gleichen Verhältnis teilnimmt wie das gezeichnete Kapital, führt eine solche Vereinbarung im Überschuldungsstatus zum Wegfall der Verpflichtung aus den Genussrechten, wenn im Übrigen eine Überschuldung eintreten würde. Außerdem wird Genusskapital erfolgsabhängig „vergütet“ und entfaltet somit - betrachtet man die Kostenseite - eine eigenkapitalnahe Ergebnisauswirkung. Darüber hinaushandelt es sich bei der Umwandlung in Genussrechtskapital um eine langfristige Kapitalüberlassung, die somit auch von ihrer Fristigkeit eigenkapitalähnlichen Charakter hat. Weitere Haftungsrisiken aufgrund zu starker Einflussnahme durch die Bank können bei dieser Gestaltungsvariante vermieden werden, da Genussrechtskapital weder mit Stimm- noch mit Vermögensrechten an dem betroffenen Unternehmen verbunden ist.
Eine weitere Alternative zur Beteiligung kann eine auf den Fall der Wiederherstellung eines positiven Eigenkapitals aufschiebend bedingte fiduziarische Abtretung von Geschäftsanteilen darstellen. Als Vorteil für Kreditinstitute kann dabei angeführt werden, dass diese ebenso an den stillen Reserven des Unternehmens partizipieren wie bei einer direkten Beteiligung. Gleichzeitig ergeben sich aufgrund der Krisensituation keine Haftungsrisiken, da die Abtretung auf den Fall der Wiederherstellung eines positiven Eigenkapitals angelegt ist. Dass die Sicherheit sich erst für diesen Fall ergibt, sollte unter betriebswirtschaftlichen Umständen unbedenklich sein, da eine Beteiligung an einem insolvenzreifen Unternehmen ohnehin keinerlei bewertbares Asset darstellt.