Die private Unfallversicherung
● Warum die gesetzliche Unfallversicherung nicht ausreicht?
Mit der gesetzlichen Unfallversicherung sind Sie in den folgenden Situationen versichert:
- Bei der Arbeit oder in der Schule
- Auf dem Weg zur Arbeit oder in die Schule oder zu einem Bewerbungsgespräch
- Je nach den genauen Umständen des Unfalls auch auf Dienstreisen außerhalb Deutschlands
- Freiwillig versicherte Selbständige und Freiberufler während der Arbeit
Das bedeutet jedoch auch, dass einige Unfälle nicht versichert sind. Das gilt beispielsweise für:
- Unfälle zu Hause und in der Freizeit
- Unfallrisiken von Arbeitslosen, Selbständigen, etc.
- Unfälle auf Reisen
Da sich ein Großteil aller Unfälle in der Freizeit ereignet, weist der Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung Lücken auf.
Die Gesetzliche Unfallversicherung versichert lediglich Arbeits- und Wegeunfälle. Leistungen werden nur erbracht, wenn die Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 Prozent gemindert ist. Wenn ein Mitarbeiter nicht den direkten Weg zur Arbeit wählt und einen Unfall erleidet, greift die gesetzliche Unfallversicherung nicht. Wer in einem solchen Fall keine private Unfallversicherung abgeschlossen hat, bleibt häufig ohne Versicherungsschutz und muss unter Umständen einen langwierigen Prozess mit der Berufsgenossenschaft führen – mit ungewissem Ausgang. Diese Lücken kann eine betriebliche Unfallversicherung schließen.
Angesichts dieser Lücken in der gesetzlichen Unfallversicherung bietet sich der Abschluss einer privaten Unfallversicherung an. Diese steht den meisten Menschen offen, aber es gibt auch einige Ausnahmen:
- Viele Versicherer bieten Unfallversicherungen nur bis zu einem bestimmten Alter an
- Bestimmte besonders risikoreiche Berufe wie z.B. der eines Stuntmans können oft nicht
versichert werden
- Freizeitsportarten mit besonders großen Risiken, z.B. Flugsport, sind ebenfalls in der
Regel ausgeschlossen
Hier sind unter Umständen Sondertarife notwendig. Auch Berufssportler müssen mitunter individuelle Anfragen an Unfallversicherer stellen oder aber eine Spezialversicherung wie die Sportinvaliditätsversicherung nutzen.
● Leistungen der privaten Unfallversicherung
Im Schadensfall zahlt die Unfallversicherung einen vorher vereinbarten Betrag aus. Wie hoch dieser Betrag ausfällt, hängt u. a. von der Schwere der gesundheitlichen Beeinträchtigung ab. Es gibt zudem die Möglichkeit, die Auszahlung einer Unfallrente zu vereinbaren, die im Schadensfall monatlich ausgezahlt wird. Eine Kombination aus Einmalzahlung und monatlicher Unfallrente ist ebenfalls möglich.
In der Regel dauert es etwas, bis die Unfallversicherung ihre Hauptleistungen auszahlt. Der wohl wichtigste Grund: Die Versicherung wartet ab, wie der Heilungsprozess verläuft. Erst wenn dieser abgeschlossen ist, kann der Personenschaden und der Invaliditätsgrad eingeschätzt werden.
- Wichtige Leistungen
-- Zu den Leistungsarten der Unfallversicherung zählt unter anderem die Invaliditätsleistung.
Sie wird ausgezahlt, wenn der Versicherte durch einen Unfall dauerhaft körperlich oder
geistig beeinträchtigt ist.
-- Die Übergangsleistung wird an Versicherte ausgezahlt, die sechs Monate nach einem
Unfall noch immer zu mindestens 50% körperlich oder geistig beeinträchtigt sind.
-- Ein Tagegeld wird ausgezahlt, wenn sich der Versicherte in ärztlicher Behandlung
befindet und nicht seiner beruflichen Tätigkeit nachgehen kann.
-- In Krankenhaustagegeld wird in der vertraglich festgelegten Höhe an den Versicherten
bezahlt, wenn sich dieser aufgrund eines Unfalls in vollstationärer Behandlung befindet.
-- Verstirbt der Versicherungsnehmer wird eine vereinbarte Todesfallleistung an die
Angehörigen ausgezahlt. Einige Versicherer bieten weniger oder auch zusätzliche
Leistungen an.
- Weitere Leistungen
Je nachdem, was vereinbart ist, übernimmt die Unfallversicherung auch diese Leistungen:
-- Genesungsgeld
-- Kurkostenbeihilfe
-- Beihilfe zu Rehabilitationsmaßnahmen
-- Sofortige Zahlung bei Schwerverletzung
-- Kostenübernahme für Haushaltshilfe, Pflegeleistungen oder Kinderbetreuung
-- Kosmetische Operationen
-- Bergungskosten
-- Progression der Versicherungssumme
-- Beratung und Koordination von Hilfsmaßnahmen
Einige dieser Leistungen sind auch über andere Versicherungen möglich, z.B. eine Krankentagegeldversicherung oder eine Risikolebensversicherung. Eine hohe Invaliditätssumme ist wichtiger als eine Unfallrente.
- Darauf müssen Sie achten, damit die Versicherung auch leistet
-- Machen Sie beim Beantragen der Versicherung korrekte Angaben
-- Informieren Sie Ihren Versicherer unverzüglich über Änderungen ihrer Berufstätigkeit oder
die Aufnahme risikoreicher Hobbys
Achten Sie darauf, innerhalb welcher Fristen Unfälle gemeldet und Invalidität festgestellt werden muss
- Wann leistet die Versicherung nicht?
Es gibt mehrere typische Leistungsausschlüsse bei der Unfallversicherung. Einer der wichtigsten ist, dass das Ereignis, dass den Versicherungsfall ausgelöst hat, nicht der Unfall-Definition des Versicherers entspricht. Um als Unfall zu gelten, muss das Ereignis
-- plötzlich
-- unfreiwillig
-- von außen
auf den Körper einwirken. Häufig sind jedoch auch einige Ereignisse versichert, die nicht ganz dieser Definition entsprechen, z.B. ein Bänderriss beim Sport – schauen Sie sich die Versicherungsunterlagen genau an.
Weitere typische Fälle, in denen Versicherungen nicht leisten, sind:
-- Die ärztliche Invaliditätsstellung ist nicht fristgemäß erfolgt.
-- Der Unfall ist unter Drogeneinfluss oder durch eine Bewusstseinsstörung entstanden.
-- Es gibt einen „Mitwirkungsanteil“, also z.B. eine Vorerkrankung, welche die Unfallfolgen
verstärkt – in diesem Fall reduzieren einige Versicherer die Leistung.
-- Der Unfall hat sich während des Verübens einer Straftat ereignet.
-- Der Unfall wurde durch Kriegsereignisse oder Kernenergie verursacht.
● Versicherungsdauer und Kündigung
Unfallversicherungen werden häufig für die Dauer von einem Jahr abgeschlossen. Die Verträge verlängern sich automatisch, wenn nicht innerhalb von einer Frist (häufig: drei Monate vor Vertragsende) gekündigt worden ist. Manche Versicherungsunternehmen bieten auch mehrjährige Verträge an, die erst nach Ablauf der Vertragslaufzeit gekündigt werden können. Versicherungsnehmer können den Vertrag kündigen, wenn es eine Beitragserhöhung gegeben hat. Nach einem Schadensfall kann das Vertragsverhältnis ebenfalls aufgelöst werden.
● Die richtige Versicherungssumme wählen
Als Grundsumme für Ihre Unfallversicherung sollten Sie das Zwei- bis Dreifache Ihres Brutto-Jahreseinkommens ansetzen. Diese Summe wird dann in Abhängigkeit zur Höhe der Invalidität ausgezahlt. Wenn Sie sich beispielsweise über 100.000 Euro versichern und durch einen Unfall zu 50 Prozent schwerbehindert sind, erhalten Sie 50.000 Euro.
Die Todesfallleistung sollte hoch genug sein, dass Ihre Angehörigen z.B. die Bestattung bezahlen können. Für die langfristige Versorgung Ihrer Angehörigen im Fall Ihres Todes durch einen Unfall können Sie zusätzlich über eine Risikolebensversicherung nachdenken.
Welche Verletzung mit welchem Invaliditätsgrad korrespondiert, ist in der sogenannten Gliedertaxe festgelegt. Diese kann zum Beispiel so aussehen:
Betroffener Körperteil | Invaliditätsgrad |
Arm im Schultergelenk | 70 % |
Arm bis oberhalb des Ellenbogengelenks | 65 % |
Arm unterhalb des Ellenbogengelenks | 60 % |
Hand im Handgelenk | 55 % |
Daumen | 20 % |
Zeigefinger | 10 % |
Andere Finger | 5 % |
Bein über der Mitte des Oberschenkels | 70 % |
Bein bis Mitte des Oberschenkels | 60 % |
Bein bis unterhalb des Knies | 50 % |
Bein bis zur Mitte des Unterschenkels | 45 % |
Fuß | 40 % |
Großer Zeh | 5 % |
Andere Zehe | 2 % |
Auge | 50 % |
Gehör auf einem Ohr | 30 % |
Geruchssinn | 10 % |
Geschmackssinn | 5 % |
Je höher der Invaliditätsgrad – also je schwerwiegender die Verletzungen – desto höher wird der Finanzbedarf ausfallen. Besonders bei hohen Invaliditätsgraden erscheint die ausgezahlte Kapitalabfindung sehr gering im Vergleich zum erlittenen Verlust und den daraus resultierenden finanziellen Folgen. Die Höhe der Versicherungssumme sollte sich an ihrem Alter orientieren – je jünger sie sind, desto länger leben Sie im Fall eines Unfalls mit den Folgen.
- Der finanzielle Bedarf
Um zu ermitteln, welcher finanzielle Bedarf nach einem Unfall entstehen kann, sind zwei Faktoren zu berücksichtigen: Die einmaligen und die fortlaufenden Kosten.
Einmalig anfallende Kosten können zum Beispiel der Einbau eines Treppenlifts oder die Anschaffung eines elektrischen Rollstuhls sein. Wer ausschließlich ebenerdig wohnt, kann diese Kosten niedriger beziffern als jemand, der im Alltag mindestens eine Treppe bewältigen muss. Weitere mögliche Kosten sind:
-- behindertengerechtes Auto: z.B. 30.000 Euro
-- Umbau eines Badezimmers: z.B. 8.000 Euro
Wie hoch der Bedarf der fortlaufenden Kosten sein wird, errechnet sich durch zum Beispiel durch die Summe von Miet- oder Immobilienkredit-Raten sowie durch weitere fixe Lebenshaltungskosten. Hinzu kommen eventuelle Kosten für die Pflege, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden. All diese fortlaufenden Kosten werden mitunter auch von einer Berufsunfähigkeitsversicherung abgedeckt.
- Die Progression
Die Progression der Leistungen sorgt dafür, dass die Leistungen kontinuierlich bis zu einem festgelegten Prozentsatz steigen. Vereinbaren Sie beispielsweise eine Schadenssumme von 100.000 Euro und entscheiden sich für eine Progression von 300 Prozent, erhalten Sie im Falle einer Vollinvalidität 300.000 Euro.
-- Die Dynamik
In diesem Zusammenhang bedeutet „Dynamik“, dass sich Versicherungsprämien, aber auch Versicherungssummen kontinuierlich erhöhen, um z.B. die Inflation auszugleichen.
Bei einer Unfallversicherung ist dies jedoch nicht nötig, da die benötigte Summe mit dem Alter eher sinkt als steigt.
-- Ältere Verträge
Gerade die Höhe der Deckungssumme und insbesondere die Progression der Leistungen sind wichtige Punkte, die in älteren Verträgen oft zu Ihrem Nachteil festgelegt sind. Hier lohnt sich ein Blick in die eigenen Verträge. Eine Anpassung oder ein Wechsel kann bares Geld sparen oder im Notfall für einen deutlich umfangreicheren Schutz sorgen.
● Die Kosten einer privaten Unfallversicherung
Je nach Art der beruflichen Tätigkeit und deren Risikopotentialen werden die Versicherten in die Gefahrengruppen A oder B eingestuft.
Zur Gefahrengruppe A werden in der Regel alle administrativen, kaufmännischen und akademischen Arbeitsbereiche gezählt, also Berufe, in denen die Arbeitnehmer nur mäßigen körperlichen Belastungen ausgesetzt sind.
In die Gefahrengruppe B hingegen kommen Personen, die Tätigkeiten ausüben, die mit größerer körperlicher Belastung verbunden sind oder in denen sie Umgang mit gefährlichen Stoffen haben. Wer in Gruppe B eingestuft wird, der zahlt eine höhere Prämie als Versicherte aus Gruppe A.
Auch die ausgeübten Hobbys werden bei der Einstufung berücksichtigt. Extremsportarten sind teilweise vom Versicherungsschutz ausgenommen.
Neben der Einstufung in eine Gefahrengruppe hängt der Preis auch von diesen Faktoren ab:
- welche Versicherungsbausteine integriert sind
- wie hoch die Invaliditätssumme ist
- welche Service-Leistungen der Versicherer bietet
- wie alt der Versicherungsnehmer ist
● Die private Unfallversicherung in der Steuer
Die Beiträge zur Unfallversicherung können als sonstige Vorsorgeleistung in der Steuererklärung angegeben werden. Ob sie die Steuern tatsächlich reduziert, hängt jedoch davon ab, ob der Höchstbetrag für sonstige Vorsorgeleistungen (1.900 Euro bei Angestellten, 2.800 Euro für Selbständige, Beamte und Pensionäre) schon ausgeschöpft ist.