Verdeckte Gewinnausschüttung
● Definition
Eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) ist eine bei der Körperschaft – häufig eine GmbH - eintretende Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Gewinns bzw. bei nicht buchführungspflichtigen Körperschaften auf die Einkünfte auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht.
Außerdem muss der zu beurteilende Vorgang geeignet sein, beim Gesellschafter einen Beteiligungsertrag i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen. Die verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA) grenzen sich zu den regulären Ausschüttungen insbesondere dadurch ab, dass sie formell ein schuldrechtliches Vertragsverhältnis darstellen, steuerrechtlich aber als Einkommensverwendung umqualifiziert werden. Verdeckte Gewinnausschüttungen sind nicht nur möglich bei Leistungen zugunsten eines Gesellschafters, sondern auch, wenn ein Vermögensvorteil einer ihm nahestehenden Person zugutekommt.
● Rechtliche Aspekte
In Deutschland ist die vGA in § 8 Abs. 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG) geregelt. Danach ist es für die Ermittlung des Einkommens ohne Bedeutung, ob das Einkommen verteilt wird. Nach Satz 2 dieser Vorschrift mindern vGA das Einkommen nicht. Der Gesetzgeber versucht hiermit Vermögensverlagerungen zwischen Körperschaft und ihren Anteilseigner einer sachgemäßen Besteuerung zuzuführen.
Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist eine vGA eine Zuwendung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter die Zuwendungen einer Person, die nicht Gesellschafter ist, nicht gewährt hätte (R 36 Abs. 1 Satz 1 KStR). Darunter sind insbesondere unangemessene, einem Fremdvergleich nicht standhaltende Vermögensvorteile zu Gunsten der Gesellschafter zu verstehen, welche den Gewinn der Gesellschaft (=Unterschiedsbetrag gem. § 4 Abs. 1 EStG) gemindert haben und mit deren Hilfe steuerlich unbeachtliche Gewinnverwendungen in steuerwirksame Betriebsausgaben transferiert werden sollten.
Im Verhältnis zu einem beherrschendem Gesellschafter (Beteiligung über 50 %) ist darüber hinaus eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis und damit eine vGA in der Regel auch dann anzunehmen, wenn es an einer zivilrechtlich wirksamen, klaren, eindeutigen und im Voraus abgeschlossenen Vereinbarung darüber fehlt, ob und in welcher Höhe ein Entgelt für eine Leistung des Gesellschafters zu zahlen ist, oder wenn nicht einer klaren Vereinbarung entsprechend verfahren wird (R 36 Abs. 2 Satz1 KStR). Aufgrund dieser für den beherrschenden Gesellschafter entwickelten Sonderrechtsprechung sind selbst dem Fremdvergleich standhaltende Zuwendungen vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen und als vGA zu behandeln, wenn es an der Rechtzeitigkeit, Klarheit, der zivilrechtlichen Wirksamkeit bzw. am ordnungsgemäßen Vollzug einer die Zuwendung regelnden Vereinbarung mangelt. Ziel dieser Rechtsprechung ist es, in Anbetracht des fehlenden Interessengegensatzes zwischen Gesellschaft und Anteilseigner, durch Auferlegung verschiedener Formalien beherrschungsbedingte Gewinnmanipulationen zu vermeiden. Auch Leistungen an nicht beherrschende Gesellschafter können nach der Sonderrechtsprechung für beherrschende Gesellschafter behandelt werden, wenn diese mit anderen Gesellschaftern „gleich gerichtete Interessen“ verfolgen.
● Beispiele für eine verdeckte Gewinnausschüttung
- Ein Gesellschafter erhält für seine Geschäftsführertätigkeit ein unangemessen hohes Gehalt.
- Eine Gesellschaft zahlt ihrer Gesellschafterin neben einem angemessenen Gehalt
zusätzlich eine besondere, ungewöhnliche Umsatzvergütung.
- Ein Gesellschafter erhält von seiner Gesellschaft ein zinsloses Darlehen bzw. ein
Darlehen zu einem unangemessen niedrigen Zinssatz.
- Eine Gesellschafterin gibt ihrer Gesellschaft ein Darlehen zu einem unangemessen
hohen Zinssatz.
- Ein Gesellschafter verkauft Wertpapiere oder Wirtschaftsgüter an seine Gesellschaft zu
einem Preis, der nicht dem wahren Wert der Wertpapiere oder Wirtschaftsgüter entspricht.
- Eine Gesellschafterin kauft der Gesellschaft Waren oder andere Wirtschaftsgüter zu
einem ungewöhnlichen Vorzugspreis ab.
- Ein Gesellschafter legt zu Beginn des Geschäftsjahres ein niedriges Gehalt fest, da er
nicht weiß, wie das Geschäftsjahr laufen wird. Er passt das Gehalt im Falle eines
überdurchschnittlich erfolgreichen Jahres noch nachträglich an.
- Der private Lebensmitteleinkauf wird mit der Firmenkreditkarte bezahlt.
- Eine Gesellschafterin nutzt ihren Firmenwagen auch privat, ohne dafür einen Vertrag
abgeschlossen zu haben.
● Folgen einer verdeckten Gewinnausschüttung
- für die ausschüttende Gesellschaft
Da Gewinnausschüttungen, hierzu zählen auch vGA, den Gewinn der Körperschaft nicht mindern dürfen, sind sie ihm außerhalb der Gewinnermittlung wieder hinzuzurechnen. Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist also, dass sich der Gewinn der Gesellschaft um den gemeinen Wert der verdeckten Gewinnausschüttung erhöht. Der gemeine Wert der verdeckten Gewinnausschüttung entspricht der Höhe des Vermögensvorteils, den der Gesellschafter erhält.
- für den beteiligten Gesellschafter als Privatperson
Die verdeckte Gewinnausschüttung wird vom Gesetzgeber wie eine offene Gewinnausschüttung behandelt und fällt daher unter die Kapitaleinkünfte. Nach § 32d Abs. 1 in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG findet ein Steuersatz von 25 % Anwendung (Kapitalertragsteuer).
Der Gesellschafter hat allerdings auch die Möglichkeit,
- die Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG zu beantragen, wenn sein persönlicher
Steuersatz unter 25 % liegt und er die Kapitalerträge entsprechend niedriger versteuern
möchte
oder
- das Teileinkünfteverfahren nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 in Verbindung mit § 3 Nr. 40 EStG
anzuwenden. Voraussetzung hierfür ist eine Beteiligung von mindestens 25 % oder eine
solche von mindestens 1 % und zusätzlich eine Tätigkeit als Geschäftsführer(in).
Beim Teileinkünfteverfahren unterliegen nur 60 % der Einnahmen der Besteuerung, gleichzeitig sind Werbekosten (zu 60 %) abziehbar. Es findet der reguläre Einkommensteuertarif Anwendung. Die Einkünfte sind zudem mit anderen Einkünften verrechenbar.
Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann also auch positive Folgen für den Gesellschafter haben. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn vorhandene negative Einkünfte auf privater Ebene mir positiven Einkünften aus einer vGA verrechnet werden.
- für beteiligte Privatunternehmen
Stellt die Beteiligung an der ausschüttenden GmbH Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens oder einer Personengesellschaft dar, führen vGA zu Betriebseinnahmen. Diese sind nach § 3 Nr. 40 Satz1 a EStG zu 40 % steuerfrei. Das Teileinkünfteverfahren findet hier also stets und zwingend Anwendung. Auf eine bestimmte Beteiligungsquote kommt es nicht an. Ebenfalls unerheblich ist, ob es sich bei der Beteiligung um notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen handelt.
Diese Grundsätze gelten, gemäß BFH Urteil vom 12.06.2019 XR 38/17, auch bei einer Betriebsaufspaltung, denn die Beteiligung an der Betriebs-GmbH ist hier notwendiges Betriebsvermögen des Besitzunternehmens.
Eine verdeckte Gewinnausschüttung hat damit im Wesentlichen zwei Folgen:
- für beteiligte Körperschaften
Verdeckte Gewinnausschüttungen haben bei Körperschaften andere Folgen als für Privatpersonen. Grund hierfür ist § 8b KStG, der im Grundsatz eine vollständige Freistellung der Gewinne von der Körperschaftsteuer anordnet. Entsprechendes gilt nach § 9 Nr. 2a und 7 GewStG auch für die den Gemeinden zustehende Gewerbesteuer.
Gewinnausschüttung sind nach § 8b Abs. 1 und 4 Satz 1 KStG allerdings nur dann steuerfrei, wenn:
Verdeckte Gewinnausschüttungen dürfen das Einkommen der leistenden Körperschaft nicht mindern (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG). Daher sind die Voraussetzungen für eine Freistellung nach § 8b KStG in der Regel erfüllt.
Achtung:
5 % der offenen oder verdeckten Gewinnausschüttung gelten als nicht abziehbare Betriebsausgaben („Schachtelstrafe“; § 8b abs. 5 KStG). Eine vGA in Höhe von 100 € unterliegt also im Umfang von 5 % einer Besteuerung von regelmäßig 30 %, was eine effektive Steuerbelastung der vGA von 1,5 % ergibt.