Das rechtzeitige Erkennen gravierender Schwierigkeiten eines Kunden kann zur Vermeidung von Forderungsausfällen beitragen. Zur Bewertung des Kunden benötigt der Lieferant eine Vielzahl von Informationen.
Für die Insolvenzprognose kann er sowohl auf interne Quellen wie auf externe Informationsquellen Zurückgreifen.
Im Folgenden werden diese Quellen kurz beschrieben.
● Interne Informationsquellen
- Rechnungswesen
Mit Hilfe des eigenen Rechnungswesens kann man das Zahlungsverhalten der Kunden exakt beobachten. Die Debitorenkonten geben Auskünfte über:
- Zahlungsziele und deren Inanspruchnahme
- Zielüberschreitungen
- Anträge auf Zielverlängerung
- Inkassomaßnahmen
- Wechselprolongationen
- Wechselprotest
- Zahlungseinstellungen
Die Beobachtungen sollten insbesondere darauf ausgerichtet sein, Veränderungen in dem Zahlungsverhalten zu erkennen.
Besonders Verhaltensveränderungen, die der Kunde ohne Absprachen bzw. Erläuterungen vornimmt, sind ein wichtiges Warnsignal. Sie sollten zum Anlass genommen werden, die Bonitätsbeurteilung des Kunden zu überprüfen und offene Posten drastisch zu reduzieren.
- Verkauf
Eine weitere Informationsquelle für die Bonitätsprüfung bietet der Verkaufsinnendienst und Außendienst. Besonders der Außendienst eignet sich zur Früherkennung von Kreditrisiken. Speziell geschultes und sensibilisiertes Außendienstpersonal sowie der Einsatz strukturierter Besuchsberichte, die auch Bonitätsinhalte beinhalten, bringen wichtige Erkenntnisse über den betrieblichen Zustand des Geschäftspartners.
So können Verkäufer bei Kundenbesuchen folgende Beobachtungen machen:
- hohe Lagerbestände
- schlechter Zustand der Maschinen
- nicht ausgelastete Kapazitäten
- schmale Angebotspalette
- schlechtes Image der Produkte
- zögerliche Reaktion auf Maßnahmen der Konkurrenz
- erhöhte Rabatte, Nachlässe oder Sonderangebote
- Konzentration auf wenige Kunden
Wichtig ist vor allem die Kommunikation innerhalb des Betriebes. Beobachtungen des Außendienstes sollten umgehend der Debitorenabteilung und dem Management mitgeteilt werden und umgekehrt. Nur so kann ein entsprechendes Bewusstsein zur Problemwahrnehmung aufgebaut werden.
● Externe Informationsquellen
Externe Auskünfte über das Unternehmen und/oder einer Privatperson sind unter Umständen mit hohen Kosten verbunden. Es hängt deshalb vom Wertumfang der Geschäftsbeziehungen ab, ob der Aufwand einer externen Bonitätsprüfung sich lohnt.
- Wirtschaftsauskunfteien
Auskunfteien liefern gegen Bezahlung gewerbsmäßig Informationen über Personen und Unternehmen.
Sie geben Auskünfte über:
- Rechtsform
- Rechtsformänderungen
- Haftungsverhältnisse
- Eigenkapitalausstattung
- Konzernzugehörigkeit
- Alter des Unternehmens
- Branche und Branchenentwicklung
- Auftragslage des Unternehmens
- Bilanzzahlen
- Bankverbindungen
- Zahlungsweise des Unternehmens und mögliche Negativklauseln
- Bonitätsbeurteilung und Vorschlag eines Höchstkredites
Mit ihrer Beurteilung kann der Kreditgeber seine eigene Einschätzung überprüfen und von den Erfahrungen der Fachleute partizipieren.
Bekannte Auskunfteien sind beispielsweise Creditreform, Bürgel oder Schimmelpfennig. Die meisten Auskünfte werden klassifiziert weitergegeben und bedürfen einer entsprechenden Entschlüsselung.
Kreditwürdigkeitsbeurteilung
Klassifizierung: 1
A: Verbindung befürwortet
- Ausprägung der Geschäftsverbindung wird befürwortet für beanspruchte Kredite gut
- Höchstkredit: …€
Klassifizierung: 2
B. Verbindung zulässig
- Ausprägung der Geschäftsverbindung ist zulässig
- Höchstkredit: …€
Klassifizierung: 3
C: Zulässig mit Einschränkungen
- Geschäftsverbindung gilt als zulässig
- Kredite werden nicht abgesprochen
- …. € werden nicht abgesprochen
Klassifizierung: 4
D: Zulässig mit Sicherheiten
- Geschäftsverbindung wird nicht abgesprochen
- Kredite erfordern Sicherheiten
- … € erfordert Sicherheiten
- keine Höchstkredite
Klassifizierung: 5
E: Keine Kredite
- Geschäftsverbindung ist Vertrauenssache
- es wird Vorauszahlung empfohlen
- keine Höchstkredite
- …€ werden abgelehnt
Klassifizierung: 6
F: Keine Verbindungen
- Geschäftsverbindung wird abgelehnt
- … werden abgelehnt
- Bemessung eines Höchstkredits entfällt
Klassifizierung: 0
G: Keine Erfahrungen
- die Entwicklung bleibt abzuwarten
- …€ sollten vorerst abgesichert werden
- Höchstkredit kann derzeit noch nicht festgelegt werden
Auskunft aus Zahlungsweise der Kunden
Klassifizierung: 1
A: Skontozahler
- Skontoausnutzer
- pünktlich mit Skonto
- zumeist Skonto, teilweise Zielinanspruchnahme
Klassifizierung: 2
B: Pünktlicher Zahler
- innerhalb vereinbarter Ziele
- innerhalb vereinbarter Ziele von 30 bis 60 Tagen
- innerhalb vereinbarter Ziele von 60 bis 90 Tagen
Klassifizierung: 3
C: Gelegentliche Zielüberschreitung
- ohne Beanstandung bei gelegentlicher Zielüberschreitungen
- meist innerhalb vereinbarter Ziele, teils auch länger
- bisher ohne Beanstandungen, in letzter Zeit gelegentliche Mahnungen
Klassifizierung: 4
D: Langsamer Zahler
- Zielüberschreitungen bis zu 30 Tagen
- langsam mit Zielüberschreitung, mehrfach Zahlungserinnerungen
- langsam mit Zielüberschreitung, Wechselprolongierung
Klassifizierung: 5
E: Mahnkunde
- erhebliche Zielüberschreitungen
- schleppend, mehrfache Mahnungen, Scheckrückgaben
- termingebundene Verpflichtungen werden nicht eingehalten
- Inkasso-Dienst wurde eingeschaltet
Klassifizierung: 6
F: Negativklausel
- Haftanordnung zur Abgabe eidesstattlicher Versicherung
- Abgabe eidesstattlicher Versicherung
- Antrag auf Eröffnung des gesetzlichen Insolvenzverfahrens
- Konkursverfahren mangels Masse abgelehnt
Klassifizierung: 0
G: Keine Erfahrungen
- es liegen keine Informationen vor
Eine weitere Besonderheit ist der sogenannte Bonitätsindex. In ihm fließen alle wirtschaftsrelevanten Zahlen über das Unternehmen ein. Er ist die Schlüsselinformation und gibt schnell einen Einblick in die Bonität des Unternehmens.
Bewertungsschlüssel
- sehr gute Bonität: 100 - 150 Punkte
- gute Bonität: 151 - 230 Punkte
- zufriedenstellende Bonität: 231 - 330 Punkte
- mittlere bis schwache Bonität: 331 - 430 Punkte
- nicht ausreichende Bonität: 431 - 500 Punkte
- Geschäftsverbindung sofort abbrechen bzw. ablehnen: 500 - 600 Punkte
- Bankauskünfte
Eine weitere Auskunftsquelle sind die Banken. Banken erteilen unter Wahrung des Bankgeheimnisses Auskünfte über juristische Personen und im Handelsregister eingetragenen Kaufleute.
Eine Bankauskunft erhalten Sie in der Regel von ihrer Hausbank. Die Deutsche Bundesbank kann Hinweise auf das Zahlungsverhalten des Kunden gegenüber Kreditinstituten geben.
Wie offen, ausführlich und gehaltvoll diese Auskünfte sind, hängt von Ihrer Hausnacht und der Geschäftspolitik der Bank ab. In der Regel werden Auskünfte verklausuliert:
Bewertungsnote: 1
- unzweifelhafte Bonität
- unbedenklich gut für …€
Bewertungsnote: 2
- geht keine Verpflichtungen ein, die nicht erfüllt werden können
- gut für …€
Bewertungsnote: 3
- bei befriedigenden Gesamtverhältnissen
- durchaus im Rahmen
- dürfte keine Verpflichtungen eingehen, die nicht erfüllt werden können
Bewertungsnote: 4
- bei kleinen Gesamtverhältnissen
- im Rahmen
- es ist nichts Nachteiliges über das Unternehmen bekannt
Bewertungsnote: 5
- bei angespannter Liquiditätslage
- dürfte noch im Rahmen liegen
- wird empfohlen auf Mitverpflichtete zu achten
Bewertungsnote: 6
- bei schlechter Liquiditätslage
- jede Kreditvergabe ist Vertrauenssache
- Schufa-Auskünfte
Die Schufa ist eine Gemeinschaftseinrichtung der kreditgebenden deutschen Wirtschaft.
Sie erteilt Auskünfte über bestehende Geld- und Warenkredite von Privatpersonen. Die Schufa-Datei enthält neben der Höhe möglicher Kredite auch Informationen über das Zahlungsverhalten des Schuldners, eidesstattliche Versicherungen sowie dessen Vermögensverhältnisse.
Schufa-Auskünfte sind das Ergebnis der Meldungen von Banken, Versandhäusern und des Einzelhandels.
Sie können in der Regel telefonisch, schriftlich, per Mail, per Datenträger oder online abgerufen werden.
- Jahresabschlüsse
Eine weitere Informationsquelle sind die Jahresabschlüsse. Das Bilanzrichtliniengesetz verpflichtet alle Kapitalgesellschaften zur Veröffentlichung ihrer Bilanzen.
Die Bilanzanalyse in Form einer Kennzahlenanalyse ermöglicht einen Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse einer Kapitalgesellschaft. So zeigt beispielsweise die Insolvenzerfahrung, dass die Unternehmen mit geringer Eigenkapitalausstattung viel häufiger insolvent werden, wie Betriebe mit reichlichem Eigenkapital.