Gelingt eine Sanierung nicht, so bleibt neben der Liquidation als Alternative der Verkauf bzw. Teilverkauf der Firma. Meist ist der Verkauf mit einem Personalabbau verbunden.
In der Insolvenzordnung gibt es für den Personalabbau keine gesonderten Regeln. Alle Beteiligten müssen sich an die gesetzlichen Bestimmungen des Kündigungsschutzes, des Betriebsverfassungsgesetzes und vor allem an den Paragraphen 613 a BGB orientieren.
● Allgemeines Kündigungsverbot wegen Betriebsübergang
Nach § 613 a BGB Abs. 1 übernimmt der neue Inhaber alle Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen. Eine Kündigung der Mitarbeiter durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Arbeitgeber wegen „Betriebsübergang“ ist unwirksam (§613 a Abs. 4 Satz 1 BGB). Das Gesetz besagt aber auch, dass das Recht zur Kündigung von Arbeitsverhältnissen aus anderen Gründen unberührt bleibt!
Inhalt des Paragraphen ist ein allgemeiner Schutzzweck. Es soll verhindert werden, dass ein Erwerber bei der Übernahme eine Auslese innerhalb der Belegschaft vornehmen kann und sich so von zum Beispiel besonders Schutzbedürftigen trennen kann. Er muss zunächst die gesamte Belegschaft übernehmen. Er kann dann aber im Rahmen einer betriebsbedingten Kündigung sofort unter Einhaltung der Fristen und gesetzlichen Bestimmungen Arbeitsverhältnisse kündigen.
● Kündigung zur Sanierung vor Betriebsveräußerung
Auch hier gilt § 613 a BGB. Kündigungen sind nur wegen dringender betrieblicher Erfordernisse möglich. Auch wenn hinter diesen Kündigungen eine Verbesserung der Veräußerbarkeit des Betriebes und damit eigentlich der Betriebsübergang steht, sind betriebsbedingte Entlassungen rechtlich zulässig und verstoßen in diesem Zusammenhang nicht gegen § 613 a BGB.
● Kündigung durch Erwerber nach Betriebsübernahme
Eindeutig ist die Rechtslage nach Erwerb des Betriebes. Der Erwerber kann nach der Betriebsübernahme nicht daran gehindert werden, betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen, um den Betrieb zum Beispiel durch Einführung neuer Arbeitsmethoden oder Rationalisierungsmaßnahmen den Verhältnissen anzupassen, die er als unverzichtbar für die wirtschaftlich sinnvolle Weiterführung des Betriebes hält. Die vom Erwerber ausgesprochenen Kündigungen müssen sich allerdings an den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 und 3 KSchG messen lassen.
● Kündigung durch den bisherigen Betriebsinhaber in Abstimmung mit dem
potenziellen Erwerber
Eine Kündigungsmöglichkeit erst nach Betriebsübergang hat für den Erwerber den Nachteil, dass die notwendigen wirtschaftlichen Maßnahmen sich zeitlich verzögern, zumal er die gesetzlichen Kündigungsfristen wahren muss. Es stellt sich deshalb die berechtigte Frage, ob nicht der Veräußerer in Abstimmung mit dem Erwerber kündigen kann.
Auch hier gilt klar, dass betriebsbedingte Kündigungen möglich sind. § 613 a BGB verbietet nicht den Abbau von überflüssigen Arbeitsplätzen. Das Hinauszögern von Kündigungen, die ohnehin nach der Übernahme betriebsbedingt erfolgen, verstoßen nicht gegen den Schutzsinn von § 613 a BGB.
Mit anderen Worten: Auch der Veräußerer kann schon im Hinblick auf die Vorstellungen des potenziellen Erwerbers handeln. Vorausgesetzt wird aber ein Unternehmenskonzept, welches von Veräußerer zur Fortführung des Betriebes hätte verwirklicht werden können.
● Betriebsübergang in der Insolvenz
Da die Insolvenzordnung hier nichts gesondert regelt, gelten die gesetzlichen Vorschriften (§ 613 a BGB, BetrVG, KSchG).
Erleichterungen gelten im Insolvenzverfahren in den Fällen, in denen mit dem Insolvenzverwalter ein namentlicher Interessenausgleich geschlossen worden ist (§ 125 InsO) oder einem gerichtlichen Freistellungsantrag nach § 126 InsO stattgegeben wird. Gemäß § 128 Abs. 2 InsO greift in diesen Fällen neben den Vermutungswirkungen der §§ 125 und 126 InsO zusätzlich die gesetzliche Vermutung, dass die Kündigungen nicht wegen des Betriebsüberganges ausgesprochen wurden.
Gemäß § 128 Abs. 1 InsO greift diese Vermutungswirkung auch dann, wenn die Betriebsänderung, die dem Interessenausgleich oder Feststellungsverfahren zugrunde liegt, erst nach der Betriebsveräußerung durchgeführt werden soll. Wird ein gerichtliches Beschlussverfahren nach § 126 Abs. 1 InsO durchgeführt, wird dem Erwerber im Feststellungsverfahren die Rechtsstellung eines Beteiligten eingeräumt.
● Umgehungsversuch des § 613 a BGB
Unzulässig ist es Arbeitnehmern mit dem Hinweis auf eine geplante Betriebsveräußerung zu veranlassen, ihre Arbeitsverträge mit dem späteren Betriebsveräußerer selbst fristlos zu kündigen oder Auflösungsverträge zuzustimmen, um dann mit dem Betriebsnachfolger neue Arbeitsverträge abzuschließen.
Solche Vorgehensweisen verstoßen gegen § 134 BGB und sind unwirksam.
Vorschnelle Kündigungen von Arbeitnehmer führen zu Konsequenzen für diese Arbeitnehmer bei der Agentur für Arbeit. Sie können damit ihren Anspruch auf Insolvenzgeld verlieren und sich eine Sperrfrist für ihr Arbeitslosengeld einhandeln.