Ablauf eines Insolvenzplanverfahrens
1. Schritt: Die Ausarbeitung des Plans
Der Planvorschlag wird von demjenigen formuliert, der den Plan vorlegen will. Das Initiativrecht har entweder der Schuldner oder der amtlich bestellte Insolvenzverwalter.
2. Schritt: Die Vorlage
Adressat des Insolvenzplans ist nach § 218 S. 1 InsO das Insolvenzgericht. Eine Frist für diese Vorlage gibt es nicht, jedoch kann ein Plan, der erst nach dem Schlusstermin eingeht, nicht mehr berücksichtigt werden.
Der Schuldner sollte den Plan bereits mit dem Eröffnungsantrag einreichen.
Der Insolvenzverwalter wird seinen Plan in der Regel frühestens zum Berichtstermin vorlegen.
Bei diesem Termin kann die Gläubigerversammlung den Insolvenzverwalter auch damit beauftragen, einen Plan zu entwerfen. Dieser ist dem Gericht dann in angemessener Frist vorzulegen.
Das Insolvenzgericht prüft, ob der Plan von dem richtigen Vorlageberechtigten vorgelegt wurde und ob er inhaltlich in einen darstellenden und gestaltenden Teil gegliedert ist. Eine wertende Prüfung auch über die Zusammensetzung der Gläubigergruppen ist nicht Bestandteil der Inhaltskontrolle. Bei Nichtbeachtung der Formvorschriften und wenn der Mangel nicht in einer angemessenen Frist beseitigt werden kann, wird der Plan zurückgewiesen.
Dies gilt auch, wenn der vom Schuldner vorgelegte Plan offensichtlich keine Aussicht hat, von den Gläubigern angenommen oder vom Gericht bestätigt zu werden. Fraglich in diesem Zusammenhang erscheint es, wie das Gericht die Aussicht auf Annahme durch die Gläubiger im Voraus überprüfen soll. Dies ist eigentlich nicht möglich, denn nach dem Ansinnen des Gesetzgebers sollen die Gläubiger autonom nach ökonomischen Gesichtspunkten selbst entscheiden. In der Regel beschränkt sich deshalb das Gericht auf die Inhaltskontrolle in formaler Sicht.
Wird der Plan nicht zurückgewiesen, so leitet das Gericht ihn dem Gläubigerausschuss (so er besteht), dem Betriebsrat (sofern vorhanden) sowie dem Schuldner und dem Insolvenzverwalter zu. Ist einer der letzten beiden Vorlegender gewesen, wird ihm der Plan nicht zugesandt.
Der Plan ist außerdem gemäß § 234 InsO inklusive Anlagen und Stellungnahme in der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichtes zur Einsichtnahme auszulegen.
3. Schritt: Die Annahme des Plans
Der Plan muss als Regelungsgrundlage durch den Beschluss der Gläubiger legitimiert werden. Zu diesem Zweck bestimmt das Gericht einen Erörterungs- und Abstimmungstermin. In ihm wird zunächst der Plan und das Stimmrecht der Gläubiger erörtert. Frühestens findet der Abstimmungstermin mit dem Prüfungstermin zusammen statt. In dem Abstimmungstermin kann der Vorlegende den Plan noch abändern, damit seine Erfolgschancen erhöht werden. Über den abgeänderten Plan kann noch im selben Termin abgestimmt werden.
Generell bedarf die Annahme des Insolvenzplans der Zustimmung sämtlicher im gestaltenden Teil gebildeter Gläubigergruppen. Die Abstimmung erfolgt innerhalb der einzelnen Gruppen gesondert. Innerhalb einer Gläubigergruppe ist eine doppelte Mehrheit erforderlich, zum einen die Mehrheit der Gläubigerköpfe und zum anderen die Mehrheit der angemeldeten Forderungen.
Stimmen nicht sämtliche Gläubigergruppen dem Insolvenzplan zu, so kann von Seiten des Insolvenzgerichtes die fehlende Zustimmung dieser Gläubigergruppe unter den Voraussetzungen des § 254 InsO ersetzen. Dieses Obstruktionsverbot greift dann ein, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Gläubiger werden durch den Insolvenzplan nicht schlechter gestellt als sie ohne ihn ständen
- die Gläubiger werden angemessen an dem wirtschaftlichen Wert beteiligt, der den Gläubiger
aufgrund des Plans zufließen soll
- die Mehrheit der abstimmenden Gruppen hat dem Plan mit erforderlichen Mehrheiten zugestimmt
Dieses Obstruktionsverbot gilt nicht für die nachrangigen Insolvenzgläubiger. Für die Zustimmung nachrangiger Gläubiger gilt die Vorschrift des § 246 InsO, wonach die Zustimmung als erteilt gilt, wenn:
- kein Insolvenzgläubiger besser gestellt wird als die Gläubiger dieser Gruppe
- sich kein Gläubiger einer dieser Gruppen an der Abstimmung beteiligt
Die direkte Zustimmung des Schuldners ist nicht zwingend notwendig. Widerspricht der Schuldner nicht bis zum Abstimmungstermin, gilt seine Zustimmung als erteilt.
ist ein einzelner Gläubiger der Meinung, dass er durch den Insolvenzplan schlechter gestellt ist als ohne, hat er sie Möglichkeit dem Insolvenzplan zu widersprechen (§ 251 InsO, Minderheitenschutz). Der Antrag ist aber nur zulässig, wenn er ernsthaft glaubhaft machen kann, dass er schlechter gestellt ist. Folgt das Insolvenzgericht seiner Meinung, wird die Bestätigung des Plans verworfen.
Liegen keine Versagungsgründe oder Einsprüche vor, wird der Plan vom Insolvenzgericht bestätigt.
4. Schritt: Wirkung des bestätigten Plans
Sobald der Bestätigungsbeschluss rechtswirksam ist, entfalten die im gestaltenden Teil des Plans bestimmten Maßnahmen ihre Wirkung. Stundungen oder Forderungsverzichte werden nun wirksam. Die für Verfügungen notwendigen Erklärungen gelten als formwirksam, wenn sie im Plan aufgenommen sind (z.B. Übertragung oder Aufhebung von dinglichen Rechten).
Gläubiger, deren Forderungen durch den Plan beeinträchtigt wurden, behalten jedoch gegenüber Dritten Haftungsansprüche in vollem Umfang. Verbürgt sich beispielsweise ein Dritter gegenüber dem Gläubiger, so bleibt die Bürgschaft in vollem Umfang bestehen, auch wenn die Forderung im Insolvenzplan gekürzt wurde.
Der Regress des Bürgen gegenüber dem Schuldner ist jedoch auf die planmäßige Summe begrenzt. Eine Schlechterstellung der Bürgen erfolgt insoweit nicht, da sie auch ohne Plan nur eine anteilige Befriedigung aus der Masse hätten ziehen können.
Nach Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses muss der Verwalter die unstreitigen Massenansprüche berichtigen und für die streitigen Ansprüche Sicherheiten leisten.
Danach beschließt das Gericht die Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Diese ist der Öffentlichkeit bekannt zu geben.
Mit der Aufhebung erlöschen die Ämter des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses. Der Schuldner erhält das Recht zurück, frei über die Insolvenzmasse zu verfügen.
Überdies kann eine Restschuldbefreiung erreicht werden, ohne das die Voraussetzungen des § 288 ff InsO vorliegen müssen, da § 227 InsO die Befreiung des Schuldners dann vorsieht, wenn die Verbindlichkeiten planmäßig zurückgeführt wurden. Der Insolvenzplan kann jedoch ausdrücklich etwas anderes bestimmen. In dem Fall kann nur eine Restschuldbefreiung nach den dort vereinbarten Modalitäten erreicht werden.
5. Durchsetzung und Überwachung des Plans
● Die Wiederaufhebungsklausel
Die Erfüllung der im Plan geregelten Ansprüche ist Sache des jetzt wieder verfügungsbefugten Schuldners, nicht die des Insolvenzverwalters, dessen Amt erloschen ist. Um den Schuldner jedoch nicht gänzlich ohne Kontrollmittel zu belassen, stellen die §§ 255 InsO mit der Wiederraufhebungsklausel ein Druckmittel dar. Sollte der Schuldner in Rückstands mit seinen Leistungen kommen, zu denen er laut Insolvenzplan verpflichtet ist, und der Gläubiger ihn schriftlich gemahnt hat und unter Setzung einer zweiwöchigen Nachfrist zur Leistung aufgefordert hat, so werden Stundungen und Erlass für den betroffenen Gläubiger hinfällig, wenn der Schuldner nicht erfüllt.
Die Wiederaufhebung entsteht kraft Gesetz. Sie bedarf keiner ausdrücklichen Nennung im Insolvenzplan. Eine Rücktrittserklärung ist auch nicht erforderlich.
Sollte ein neues Insolvenzverfahren über den Schuldner eröffnet werden, so sind alle Stundungen und Erlässe für alle Gläubiger hinfällig.
● Die Überwachung
Nach § 260 InsO kann im gestaltenden Teil des Plans vorgesehen werden, dass die Erfüllung des Insolvenzplans auf Kosten des Schuldners überwacht wird. Die Überwachung ist Aufgabe des Insolvenzverwalters, sofern der Plan nicht ausdrücklich etwas anderes vorsieht. Grundsätzlich ist die Funktion des Insolvenzverwalters mit der Beendigung des Insolvenzverfahrens erloschen, zu Überwachungszwecken besteht sein Amt jedoch fort.
Eine Überwachung bietet sich insbesondere dann an, wenn der Schuldner das Unternehmen fortführt und die Gläubiger aus den laufenden Erträgen befriedigt.
Die Überwachung unterliegt der Aufsicht des Insolvenzgerichtes und des Gläubigerausschusses. Die Überwachung ist zunächst nur eine beobachtende Kontrolle. Bei Nichteinhaltung des Plans hat der Insolvenzverwalter unverzüglich dem Gericht und dem Gläubigerausschuss Anzeige zu machen.
● Der Zustimmungsvorbehalt
Der Insolvenzplan kann jedoch die Beobachtung ausdehnen. Es kann zum Beispiel ein Zustimmungsvorbehalt vereinbart werden. Hierdurch werden bestimmte Geschäfte des Schuldners während der Zeit der Überwachung nur mit Zustimmung des Insolvenzverwalters rechtswirksam.
● Der Kreditrahmen
Ein Insolvenzplan wird häufig aufgestellt, um das schuldnerische Unternehmen zu sanieren. Oft werden Sanierungskredite hierfür erforderlich sein, um die meist illiquide Situation des Schuldners kurzfristig zu beheben. Kredite werden jedoch kaum einem als insolvent geltenden Unternehmen zur Verfügung gestellt. Im Allgemeinen werden sie überhaupt nur gegen werthaltige Sicherheiten gewährt. Aus diesem Grund besteht gemäß § 264 ff InsO die Möglichkeit einen Kreditrahmen vorzugeben, wenn um Insolvenzplan die Überwachung vereinbart wurde.
Mit der Bewilligung eines solchen Kreditrahmens erklären sich die Insolvenzgläubiger, für den Fall bereit, dass während der Überwachung ein zweites Insolvenzverfahren nötig werden sollte, bis zu einem bestimmten Betrag - der den Wert des Schuldnervermögens nicht übersteigen darf - zurückzutreten. Dieser Rangrücktritt wirkt sich zugunsten derjenigen aus, die dem Schuldner während der Überwachung ein Darlehen oder sonstige Kredite gewähren. Es muss jedoch vom Kreditgeber ausdrücklich vereinbart werden, dass seine Forderung innerhalb des Kreditrahmens liegen soll. Ist dies der Fall, so genießt dieser Gläubiger im Falle eines zweiten Insolvenzverfahrens Vorrang und vor allen anderen Gläubigern, deren Ansprüche während der Überwachungszeit begründet wurden.
Die Überwachung ist durch Beschluss des Insolvenzgerichtes dann aufzuheben, wenn der Plan erfüllt wurde oder seine Erfüllung gewährleistet ist oder wenn seit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens drei Jahre verstrichen sind und kein Antrag auf Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens vorliegt.