Innerhalb des Regelverfahrens bietet die Insolvenzordnung das neu geschaffene Instrument des Insolvenzplan an (§§ 217 ff. InsO). Im Insolvenzplan können die Verfahrensbeteiligten in weitgehender Autonomie vom Regelverfahren abweichende Vereinbarungen treffen. Insbesondere kann in einem Insolvenzplan eine Regelung zum Erhalt des Unternehmens getroffen werden (§ 1 InsO).
Das Insolvenzplanverfahren
Insolvenzplan kann dem Insolvenzgericht vom Schuldner oder vom Insolvenzverwalter vorgelegt werden (§ 218 InsO). Der Insolvenzverwalter kann außerdem von der Gläubigerversammlung mit der Planerstellung beauftragt werden § 157 InsO). Bei einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung (§ 270 InsO) ist der Sachwalter vorlagebefugt (§ 238 Abs. 1 InsO).
Bestandteile des Insolvenzplan
Der Insolvenzplan besteht aus einem darstellenden und einem gestaltenden Teil (§ 219 InsO).
Der darstellende Teil enthält die Beschreibung der Unternehmenslage, der Insolvenz-Ursachen und der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen. Die Gläubiger und das Insolvenzgericht sollen über das Ziel des Plans und den Weg zu dessen Erreichung unterrichtet werden. Planziele können zum Beispiel die Eigensanierung, die übertragende Sanierung, die Liquidation oder ein Moratorium zur Stundung von Forderungen sein.
Der gestaltende Teil legt fest, wie die Rechtsstellung der Beteiligten durch den Plan verändert wird (§ 211InsO). Die Gläubiger werden durch den Plan in Gruppen unterteilt. Vom Gesetz vorgegebene Gruppen sind absonderungsberechtigte, nicht nachrangige und nachrangige Insolvenzgläubiger (§ 222 Abs. 1 InsO). Der Planverfasser kann Gläubiger gleicher Rechtsstellung und gleichartiger wirtschaftlicher Interessen zu weiteren Gruppen zusammenfassen (§ 222 Abs. 2 InsO). Eine Gleichbehandlung der Gläubiger findet im Unterschied zum Regelverfahren nur noch innerhalb der jeweiligen Gruppe statt.
Gerichtliche Vorprüfung
Wird der Insolvenzplan dem Gericht vorgelegt, so hat das Gericht zunächst eine Vorprüfung durchzuführen (§ 232 InsO).
Diese Vorprüfung soll gewährleisten, dass offensichtlich ungeeignete (rechtswidrige oder aussichtslose) Pläne bereits im Vorfeld aussortiert werden. Das Gericht prüft zunächst Mängel zur Vorlage oder zum Inhalt des Planes. Näher geprüft wird insbesondere die Sachgerechtigkeit der Gruppenbildung (§ 222 InsO), da die Gruppenbildung für das Abstimmungsergebnis entscheidend sein kann (vgl. § 244 ff. InsO) und bis zur Abstimmung insoweit keine Überprüfung mehr stattfindet.
Bei einem vom Insolvenzschuldner vorgelegten Plan hat das Gericht auch zu prüfen, ob der vorgelegte Plan offensichtlich ohne Erfolgsaussichten ist oder ob die vorgesehene Gläubigerbefriedigung offensichtlich aussichtslos ist (§ 231 Abs. 1 Nr. 2 InsO).
Wird der Insolvenzplan nicht zurückgewiesen, so leitet das Insolvenzgericht ihn zur Stellungnahme weiter an den Gläubigerausschuss, den Verwalter und den Schuldner sowie an den Betriebsrat und den Sprecherausschuss der leitenden Angestellten (§ 232 InsO). Insolvenzplan und Stellungnahmen werden zur Einsichtnahme der Beteiligten niedergelegt (§ 234 InsO).
Abstimmung über den Plan
Das Gericht bestimmt einen Termin, in dem nach der Erörterung und etwaigen Änderungen durch den Planverfasser über den Plan abgestimmt wird (§ 235 InsO).
Gläubiger, deren Forderungen durch den Plan nicht beeinträchtigt werden, haben kein Stimmrecht (§ 237InsO). Die Gläubiger stimmen in den vom Plan vorgesehenen Gruppen ab (§ 243 InsO). Der Plan wird angenommen, wenn sich in jeder Gruppe eine Mehrheit nach Köpfen und Forderungssummen der abstimmenden Gläubiger findet (§ 244 InsO).
Wird in einer Gruppe keine Mehrheit erzielt, so gilt die Zustimmung dieser Gruppe nach § 245 InsO (Obstruktionsverbot) gleichwohl als erteilt, wenn sich zum Beispiel die Stellung der Gruppe durch den Plan nicht verschlechtert oder wenn die Mehrheit der Gruppen zustimmt. Hierdurch soll der Widerstand sanierungsunwilliger Gläubiger gebrochen und die Annahme des Plans erleichtert werden.
Der Schuldner kann dem Plan widersprechen. Sein Widerspruch ist aber unbeachtlich, wenn er durch den Plan keine Verschlechterung seiner Stellung erfährt (§ 247 InsO).
Bestätigung des Plans durch das Gericht
Nach der Annahme des Insolvenzplans durch die Gläubiger entscheidet das Insolvenzgericht über die Bestätigung des Insolvenzplanes (§ 248 InsO). Im Rahmen dieser von Amts wegen ergehenden Entscheidung überprüft das Gericht auch, ob die fehlende Zustimmung von Gläubigergruppen (§ 245 InsO) zu ersetzen ist. Die Bestätigung ist von Amts wegen zu versagen, wenn die Vorschriften über den Inhalt und die verfahrensmäßige Behandlung des Insolvenzplans sowie über die Annahme durch die Beteiligten und die Zustimmung des Schuldners in einem wesentlichen Punkt nicht beachtet worden sind und der Mangel nicht behoben werden kann (§ 252 InsO). Ein weiterer Versagensgrund ist, dass die Annahme des Plans unlauter, insbesondere durch Begünstigung eines Beteiligten, herbeigeführt worden ist (§ 250 Nr. 2 InsO). Unlauter und damit nichtig ist etwa die Herbeiführung der Annahme eines Insolvenzplans durch einen Forderungskauf, der einzelnen Gläubigern besondere Vorteile bietet.
Wirkung des bestätigten Insolvenzplans
Mit der Rechtskraft der Bestätigung des Plans treten die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen für und gegen alle Beteiligten ein (§ 254 InsO). Beteiligte sind die Insolvenzgläubiger, die absonderungsberechtigten Gläubiger sowie der Schuldner, soweit dessen Haftung nach Beendigung des Verfahrens geregelt wurde (§ 270 InsO). Wurde im gestaltenden Teil des Insolvenzplans etwa ein Teilerlass von Insolvenzforderungen vorgesehen, so gilt diese Regelung gegenüber allen Forderungen, auch gegenüber denjenigen Forderungen, die nicht angemeldet wurden (§ 254b InsO). Der Schuldner wird mit der im gestaltenden Teil vorgesehenen Befriedigung der Insolvenzgläubiger von seinen restlichen Verbindlichkeiten gegenüber diesen Gläubigern befreit § 227 Abs. 1 InsO). Der Insolvenzplan kann vorsehen, dass seine Erfüllung vom Insolvenzverwalter überwacht wird (§§ 260 ff. InsO)
Die Insolvenzgläubiger können aus dem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan in Verbindung mit der Tabelleneintragung wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben (§ 257 InsO). Diese Regelung soll den Insolvenzgläubigern die beschleunigte und erleichterte Durchsetzbarkeit plangeregelter Forderungen ermöglichen, sie aber nicht darauf beschränken.
Daher verbleibt zusätzlich der ordentliche Klageweg bestehen, der insbesondere für nicht angemeldete Insolvenzforderungen relevant ist.
Ansprüche der Insolvenzgläubiger gegenüber Dritten (z. B. Bürgen) werden vom Insolvenzplan nicht berührt und können daher weiterhin geltend gemacht werden (§ 254 Abs. 2 InsO). Kommt der Schuldner mit der Erfüllung des Insolvenzplanes erheblich in Rückstand, so wird die dort vorgesehene Stundung oder der Erlass hinfällig (§ 255 InsO).
Ist die Bestätigung des Insolvenzplanes rechtskräftig, wird die Aufhebung des Insolvenzverfahrens beschlossen (§ 258 InsO), soweit der Insolvenzplan nicht etwas Anderes vorsieht. Der Beschluss des Insolvenzgerichts über die Aufhebung ist nicht anfechtbar (§ 6 Abs. 1 InsO). Mit dem Beschluss erlöschen auch die Ämter des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses (§ 259 InsO).