Beispiele unlauterer geschäftlicher Handlungen (§ 4 UWG)
1. … geschäftliche Handlungen vornimmt, die geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer durch Ausübung von Druck, in menschenverachtender Weise oder durch sonstigen unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen;
Beispiel
Ein Unternehmer der bei einer Kaffeefahrt an einem abgelegenen Ort seinen Teilnehmer zwingt an der Verkaufsveranstaltung teilzunehmen und ihn damit unter Druck setzt in von der Rückfahrt auszuschließen, handelt unlauter.
2. … Wettbewerbshandlungen vornimmt, die geeignet sind, die geschäftliche Unerfahrenheit insbesondere von Kindern oder Jugendlichen, die Leichtgläubigkeit, die Angst oder die Zwangslage von Verbrauchern auszunutzen;
Beispiel
Werbeaktion der Firma Kellogg "Kellogg's Frosties für den Schulsport" als wettbewerbs-widrig erachtet. Die Werbung sei geeignet, die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen auszunutzen.
Um ein Badminton-Set zu erwerben, war der Kauf von etwa 50 Frosties - Packungen à 2,79 € erforderlich, was einem finanziellen Aufwand von 139,50 € entsprach. Der Wettbewerbssenat untersagte die Aktion vor allem, weil dadurch eine Art Gruppenzwang zum Sammeln von "Tony Talern" ausgelöst worden sei.
Beispiel
Die Ausnutzung der geschäftlichen Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen ist grundsätzlich zu missbilligen. Deshalb verstößt die Werbung für Handy-Klingeltöne in einer Jugendzeitschrift gegen § 4 Nr. 2 UWG, wenn in der Werbung zwar der Minutenpreis angegeben wird, jedoch der Hinweis fehlt, dass durch das Herunterladen eines Klingeltons mehrere Minuten verbraucht werden, wobei sich die Zeit durch Fehler bei der Eingabe noch verlängern kann. Die Gefahr, dass der Jugendliche seine Entscheidung unter dem Eindruck des niedrigen Minutenpreises trifft, ohne zu realisieren, dass er ein Vielfaches davon bezahlen muss, ist zu groß, als dass diese Werbung gebilligt werden könnte.
3…. den Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen verschleiert;
Beispiel
Jede Art von Täuschung der Teilnehmer darüber, dass es sich um die Teilnahme an einer Werbeveranstaltung handelt, z.B. durch Vorspiegeln, der Empfänger der Einladung hätte ein Preis gewonnen, den er nur erhält, wenn er an der Veranstaltung teilnimmt, welche wiederum nicht eindeutig als Werbeveranstaltung ausgewiesen wurde.
4. … bei Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Preisnachlässen, Zugaben oder Geschenken die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme nicht klar und eindeutig angibt;
Beispiel
Ein Anbieter hatte diverse Artikel zu Sonderpreisen beworben und gleichzeitig angekündigt, der Käufer bekomme als Zugabe eine Nackenstütze im Wert von 49,95 €, „solange Vorrat reicht“.
Tatsächlich reichte der Vorrat nicht sehr lange. Die Nackenstützen waren relativ früh ausgegangen. Das OLG Köln sah darin einen Verstoß gegen § 4 Nr. 4 UWG, weil die Dauer der Zugabeaktion in der Werbung nicht klar angegeben war. Ebenso erging es einem Reisebüro, das für einen „Frühbuchervorteil“ warb, ohne den Zeitraum anzugeben, in welchem dieser Frühbuchervorteil in Anspruch genommen werden konnte. Selbst die Aussage „Werbepreise gelten in der Werbewoche“ wurde als nicht ausreichend angesehen.
Beispiel
Ein Anbieter hatte mit Preisnachlässen „bis zu x%“ geworben mit dem Zusatz „ausgenommen Werbeware“. Auch diese Werbung wurde als nicht klar und eindeutig charakterisiert; denn mit dem Begriff „Werbeware“ kann der Leser nichts anfangen. In derselben Entscheidung hat das OLG Köln die Einschränkungen „nur auf Neukäufe“ und „ausgenommen bereits reduzierte Ware“ hingegen als hinreichend deutlich angesehen.
Beispiel
Ein Getränkehändler hatte mit dem Versprechen geworben, der Kaufpreis werde zurückerstattet, falls das Getränk nicht schmecke („Geld-zurück-Garantie“). Auch das wurde als Verkaufsfördermaßnahme eingestuft. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot wurde deshalb bejaht, weil der Händler die Bedingungen für die Inanspruchnahme der Geld-zurück- Garantie lediglich auf der Innenseite des Etiketts angebracht und im Übrigen in der TV-Werbung überhaupt nicht erwähnt hatte.
5…. bei Preisausschreiben oder Gewinnspielen mit Werbecharakter die Teilnahmebedingungen nicht klar und eindeutig angibt;
Zweck dieser Regelungen ist es, den Verbraucher in seiner Entscheidungsfreiheit zu schützen. Es soll verhindert werden, dass sich der Verbraucher durch den Anreiz einer Gewinnchance unsachlich beeinflussen lässt und von einer kritischen Prüfung des Angebots abgelenkt wird. Der Begriff der Teilnahmebedingungen ist dabei weit zu verstehen und beinhaltet sowohl die Teilnahmeberechtigung, als auch ihre Modalitäten.
Der Werbende muss daher darüber informieren,
• welcher Personenkreis zur Teilnahme berechtigt oder von ihr ausgeschlossen sein soll
• was der Teilnehmer gegenüber wem bis zu welchem Zeitpunkt zu tun hat
• welche Kosten und Folgekosten bei der Inanspruchnahme des Preises oder Gewinns
möglicherweise auf den Teilnehmer zukommen.
Hinweis: Die Informationspflicht bezieht sich jedoch nicht auf die Gewinnchancen, da die Ungewissheit hierüber zum Charakter eines Preisausschreibens oder eines Gewinnspiels gehören kann.
Werden dem Verbraucher im Zusammenhang mit Werbung Gewinnzusagen gemacht, so ist auch immer die Vorschrift des § 661a BGB zu beachten. Danach hat ein Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen an Verbraucher sendet, und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen hat, dem Verbraucher diesen Preis auch tatsächlich zu leisten!
6. … die Teilnahme von Verbrauchern an einem Preisausschreiben oder Gewinnspiel von dem Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig macht, es sei denn, das Preisausschreiben oder Gewinnspiel ist naturgemäß mit der Ware oder der Dienstleistung verbunden;
Der Zweck dieser Vorschrift besteht darin, den Verbraucher in seiner Entscheidungsfreiheit zu schützen. Der Verbraucher soll vor einer Ausnutzung seiner Spiellust zum Erwerb eines ihm eigentlich unerwünschten Produktes geschützt werden.
Beispiel
Gewinnspiele, die unter Einsatz sog. Mehrwertdienste –Rufnummern oder SMS durchgeführt werden, fallen in den Schutzbereich des § 4 Nr. 6 UWG, wenn hierbei eine über die üblichen Übermittlungskosten (Postkarte oder Brief) hinausgehende Zahlung erforderlich wird.
Hinweis: Dagegen liegt keine unzulässige Koppelung vor, wenn es gleichberechtigte alternative Teilnahmemöglichkeiten gibt, ohne dass eine Ware gekauft oder eine Dienstleistung in Anspruch genommen werden muss.
Darüber hinaus ist die Verknüpfung von Preisausschreiben oder Gewinnspiel mit einem Produkterwerb nach dem Gesetzeswortlaut zulässig, wenn dies in der Natur der Sache liegt. Damit sind Fälle gemeint, in denen ein Gewinnspiel oder ein Preisausschreiben gar nicht durchgeführt werden kann, ohne dass die beworbene Ware gekauft bzw. die beworbene Dienstleistung in Anspruch genommen wird. Dies ist beispielsweise bei Preisrätseln der Fall, die in Printmedien abgedruckt werden, da hierdurch die Kaufentscheidung des Verbrauchers in der Regel nicht unsachgemäß beeinflusst wird.
Der EuGH (14.01.2010) hat entschieden, dass die Koppelung von Gewinnspiel und Warenbezug bzw. Inanspruchnahme einer Dienstleistung nicht per se wettbewerbswidrig ist. Zugleich stellte der EuGH fest, dass § 4 Nr. 6 UWG nicht europarechtskonform ist.
Somit haben Anbieter nunmehr auch in Deutschland die Möglichkeit Ihre Produkte bzw. Dienstleistungen durch die Koppelung mit Gewinnspielen zu bewerben. Dabei sind aber die allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Grenzen zu beachten. So müssen die Teilnahmebedingungen klar und unmissverständlich formuliert sein, da andernfalls eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegen kann. Auch eine Beeinflussung des Kundenverhaltens durch ein übertriebenes Anlocken und eine zu starke Ausnutzung aleatorischer (vom Zufall abhängig, auf Zufall beruhend) Anreize kann wettbewerbswidrig sein.
Gewinnspiele, Preisausschreiben und Verlosungen sind nur unter bestimmten Bedingungen zulässig. Wichtig ist grundsätzlich die Abgrenzung zur Lotterie, d. h. zu einem Glücksspiel. Lotterien müssen behördlich genehmigt sein, sie dürfen nur karitativen Zwecken dienen.
Wirtschaftliche Zwecke sind ausgeschlossen, so dass Unternehmen keine Lotterien veranstalten dürfen.
7. … die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
Schmähkritik: Diese hat allein die Verunglimpfung eines anderen im
Sinne und verzichtet dabei auf jede Auseinandersetzung.
Beispiel
Die Behauptung, die Zeitung der Konkurrenz tauge allein als Toilettenpapier.
Beispiel
z.B. über die Ware eines Mitbewerbers wie folgt zu schreiben: „Geliefert wird der Tower-Selbstbau-Satz in einem handlichen Karton, aufgefüllt mit einer Anzahl von Müllstücken, bestehend aus Styropor-Resten, Kunststoff-Tüten-Fetzen und Karton-Fragmenten“
Sachliche Kritik im Wettbewerb ist erlaubt. Ebenso zulässig ist humoristisches oder satirisches Umgehen mit den Mitbewerbern. Es ist mitunter sogar üblich, dass sich die Werbenden „gegenseitig necken":
Beispiel
In einer Plakataktion wirbt BMW mit einem Seitenhieb auf Audi. Audi "revanchiert" sich sodann mit einem Seitenhieb auf BMW. Schließlich "beantwortet" Bentleys die Werbung von BMW und Audi.
8. … über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
Beispiel
Nach einem Bericht der Südkoreanischen Zeitung Chosun Ilbo will der Elektronik-Konzern LG seinen Konkurrenten Samsung wegen einer Werbung verklagen, die LG-Plasmafernseher in schlechtem Licht dastehen lässt. LG bezichtigte Samsung diesbezüglich eine "Schmierenkampagne" gegen LG-Produkte zu fahren.
Als Beispiel nannte das Unternehmen eine Werbung von Samsung, die den Eindruck entstehen lässt, LGs Plasmafernseher mit Festplatte würden laute Lüfter benötigen, obwohl die Harddisk nichts mit dem Belüftungssystem zu tun habe. Des Weiteren soll die Reklame verbreiten, LG-Plasma-Bildschirme würden durchschnittlich nur 20.000 Stunden halten, wogegen LG den Fernsehern eine Lebensdauer von mindestens 50.000 Stunden bescheinigt.
LG ließ verlauten, man habe keine andere Chance, als diese unlautere Werbekampagne gerichtlich zu stoppen. Der Elektronik-Konzern befürchtet durch den Werbefeldzug Samsungs empfindliche Verluste im Plasma-TV-Geschäft.
9. … Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er:
a) eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
Beispiel
Verkauf von Dolce & Gabana Waren, die nie von diesem Unternehmen produziert wurden (Plagiate).
b) die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt
Beispiel
Verkauf einer nachgeahmten Breitling Uhr, zum selben Preis des Originals.
c) die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
Beispiel
Dies wäre der Fall, wenn man versucht legal Imitate zu produzieren mittels gefälschter Lizenzen.
10. … Mitbewerber gezielt behindert;
Eine Behinderung im Sinne des Wettbewerbs liegt vor, wenn Anbieter A durch eine Maßnahme zu erreichen versucht, dass Anbieter B seine Leistung auf dem Markt nicht oder nicht mehr rein zur Geltung bringen kann und infolgedessen die potenziellen Kunden einen echten, auf ihren freien Willen beruhenden Leistungsvergleich nicht vornehmen können.
Folgende Fälle einer Behinderung sind relevant:
1) Preisunterbietungen
2) Verkauf unter Einstandspreis
3) Boykott
4) Verletzung der Geschäftsehre
5) Ausspannen von Mitarbeitern oder Kunden
Beispiel
Die Verträge zwischen Microsoft mit diversen Hardwareproduzenten, wodurch jeder verkaufte PC automatisch mit einem Microsoft Betriebssystem ausgestattet ist und Teile der Software unwiderruflich gespeichert sind.
11. … einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.
Beispiel
LG Hamburg, Urt. v. 21.08.2008, AZ: 327 O 204/08 Ob “Heilsteine” medizinischer “Hokuspokus” sind, ist aus der Sicht der sog. “Alternativmedizin” nicht erwiesen, aus der Sicht der sog. “Schulmedizin” schon. Das LG Hamburg vertritt die konsequente Auffassung, dass dies wettbewerbswidrig ist und bejaht einen Verstoß gegen §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. 1 Abs. 1 Nr. 2, 3 S. 2 Nr. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) unter dem Aspekt des Rechtsbruches und der Irreführung. Die Bezeichnung „Heilsteine“ stellt im Kontext mit Werbung für die angeblichen krankheitsvorbeugenden und/oder krankheitslindernden und/oder krankheitsheilenden Wirkungen von Steinen eine unzulässige Werbeangabe im Sinne von §§ 3, 4 Nr. 11UWG i.V.m. 3 S. 2 Nr. 1 HWG und/oder § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 UWG dar./Beispiel : Vertriebskartelle, Preiskartelle.