Die Krise zeigt nicht immer gleich deutlich, sondern tritt im Gewand spezieller Stimmungen und Handlungsmuster im Unternehmen auf.
Es gibt drei Grundstimmungen der Krisenphänomene, die typischerweise das Anschleichen einer Krise begleiten:
Hektisches Krisenphänomen
- alle rennen durcheinander
- Sitzungen werden abgehalten
- Aktionismus macht sich breit
- wildes Agieren
- Widerstand gegenüber Veränderungen wird massiv
- Rettungsversuche werden gestartet
- einige Mitarbeiter flüchten
Depressives Krisenphänomen
- die Stimmung ist getrübt
- es sind keine wirklichen Handlungen sichtbar
- eine Haltung „man kann eh nichts mehr machen“ tritt auf
- die Motivation zur Veränderung und zur Gestaltung ist gering (Lethargie im Unternehmen)
Illusionäres Krisenphänomen
- die Schwierigkeiten werden ignoriert
- man macht weiter wie bisher
- die Haltung „wird schon nicht so schlimm werden“ herrscht vor
- Lügen werden aufgetischt (Realitätsverleugnung im Unternehmen)
In der Regel bauen sich Krisen systematisch auf. Der Weg der Krise lässt sich in verschiedenen Phasen untergliedern:
- Phase 1: Strategische Krise
- Phase 2: Rentabilitätskrise
- Phase 3: Ertragskrise
- Phase 4: Liquiditätskrise
- Phase 5: Insolvenz
Es ist demnach ein weiter Weg von den ersten Krisenanzeichen bis zur Insolvenz. Aber Vorsicht! Die Krise entwickelt ihre eigene Dynamik. Während es relativ lange dauern kann, bis eine strategische Krise zur Rentabilitätskrise wird, vollzieht sich der Übergang von der Rentabilitätskrise zur Ertragskrise bereits deutlich schneller und mit zunehmendem Beschleunigungseffekt zur Liquiditätskrise bis hin zur Insolvenz.
Phase 1: Strategische Krise
Eine strategische Krise bedroht Ihr Unternehmen nicht heute und sofort, aber in der Zukunft. Änderungen im Konsumverhalten oder in der Bevölkerungsstruktur, neue Entwicklungen am Markt, Gesetzgebung und Politik beeinflussen die zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten Ihres Unternehmens.
Ihr Unternehmen befindet sich in einer strategischen Krise, wenn solche Faktoren erkennbar sind, die das Unternehmen bedrohen könnten.
Alle diese Entwicklungen kommen nicht von heute auf morgen und bieten deshalb noch die Möglichkeit zu reagieren. Standortverlagerung, neue Kundengruppen ansprechen, eigene Produkte oder Dienstleistungen weiterentwickeln, Kooperationen eingehen und viele andere Möglichkeiten lassen sich ergreifen, je nach dem, was Ursache der strategischen Krise sein kann.
Werden in dieser Phase des leisen Umbruchs keine Maßnahmen ergriffen, so befinden Sie sich auf dem besten Wege zur Rentabilitätskrise.
Diese Gefahrenstufe ist gekennzeichnet durch:
- Organisationsmängel: Es fehlen klare Strukturen und Verantwortlichkeiten mit Organigramm, Stellenbeschreibungen usw.
- Informationsdefizite: Die Unternehmensführung ist nicht über die wichtigsten Kennzahlen (BWA) informiert. Dazu zählen u.a. die Lohnwertschöpfung und die Produktivität pro Stunde.
- Auftragsprobleme: Angebotsanfragen werden nicht systematisch bearbeitet, sondern landen zunächst in der Ablage, bis es brenzlig wird.
- Qualitätsprobleme: Es gibt keine Verfahrensregeln, die Arbeit wird nach dem Motto „ der eine macht das so, der andere so“ erledigt.
- Marketingdefizite: Das Unternehmen hangelt sich von Auftrag zu Auftrag. Es gibt keine Strategie, den Markt aktiv zu bearbeiten.
- Fehlende Unternehmensstrategie: Mittel- und langfristige Ziele fehlen ebenso wie Pläne diese Ziele zu erreichen.
Phase 2: Rentabiltätskrise
Ihr Unternehmen befindet sich bereits in der Rentabilitätskrise, wenn Ihre Gewinne oder Umsätze sinken. Spätestens wenn die Schulden immer mehr werden ohne dass dabei Geld in Investitionen geflossen ist, haben Sie ein Problem. Es ist jene Zeit, in der die Banken des Öfteren zum Gespräch bitten und Sie allmählich Schwierigkeiten haben, offene Rechnungen noch fristgerecht zu bezahlen.
Diese Gefahrenstufe ist gekennzeichnet durch:
- rückläufige Umsätze
- sinkende Gewinne
- Absatzverluste
- Marktanteilsverluste
- sinkender Cash-Flow
- sinkende Produktivität
- Aufschub von Investitionen
Phase 3: Ertragskrise
Die Ertragskrise ist jetzt unmittelbar spürbar und drückt sich jetzt auch in Zahlen aus. Gleichzeitig ist Ihr Handlungsspielraum eingeschränkt. Einerseits muss die strategische Ausrichtung korrigiert werden. Andererseits müssen nun auch Schritte in Richtung Kostensenkung und Optimierung der Abläufe unternommen werden. Werden diese Maßnahmen nicht rasch genug umgesetzt, dann bewegen Sie sich auf die nächste sehr kritische Phase zu.
Diese Gefahrenstufe ist gekennzeichnet durch:
- negatives Betriebsergebnis
- Verzehr von Eigenkapital
- Kurzarbeit und Entlassungen
- verschlechterte Liquidität
- häufiger und schneller mahnende Gläubiger
- restriktives Bankverhalten
- schwindendes Vertrauen der Mitarbeiter in die Geschäftsführung
Phase 4: Liquiditätskrise
Viele beginnen erst in dieser Phase von der Krise zu sprechen. Tatsächlich befinden sie sich aber schon im Endstadium. Sie können Ihre Rechnungen nicht mehr fristgerecht bezahlen, Mahnungen stapeln sich auf dem Schreibtisch. Die Banken sind nicht mehr verhandlungsbereit und Lieferanten beginnen, nur mehr gegen Vorkasse zu liefern.
Wenn in dieser Phase nicht zügig Maßnahmen umgesetzt werden, dann ist der Weg in die Insolvenz kaum mehr zu vermeiden.
Diese Gefahrenstufe ist gekennzeichnet durch:
- keine Liquidität
- Rückstände beim Finanzamt und bei den Krankenkassen
- Rückstände bei den Löhnen
- die Arbeitszeit der Geschäftsführung wird zunehmend fremdbestimmt
- völlige Vertrauensverluste bei den Lieferanten
- völliger Identifikationsverlust der Mitarbeiter
- massiver Schriftwechsel mit Banken
Typischer Verlauf einer Liquiditätskrise
keine Krise | Zahlungen werden mit Skonto geleistet |
erste Warnhinweise | Auf Skonto wird verzichtet, aber es wird noch pünktlich bezahlt |
stärkere Warnhinweise | Es wird verspätet bezahlt, aber noch vor Eingang der Mahnung |
ernste Warnhinweise | Es wird erst nach Eingang der „letzten“ Mahnung bezahlt |
die Krise ist im vollen Gange | Es wird nur nach Eingang von Anwaltsschreiben oder von Schreiben von Inkassobüros bezahlt |
offene Krise | Es wird nach Eingang gerichtlicher Maßnahmen bezahlt |
offene und ernste Krise | Es wird nach Zustellung des Vollstreckungsbescheides bezahlt |
deutliche Zeichen einer drohenden Zahlungsunfähigkeit | Es wird erst nach Besuch des Gerichtsvollziehers bezahlt |
die Krise ist im vollen Gange | Der Gerichtsvollzieher erhält lediglich Ratenzahlungen |
oftmals Schlussakt | Zahlungen werden nicht mehr geleistet |