Art. 12 I GG ist das einheitliche Grundrecht auf Berufsfreiheit. Der Wortlaut scheint zwar Berufswahl und Berufsausübung zu unterscheiden, allerdings lassen sich diese nicht voneinander trennen: Mit der Berufswahl beginnt schon die Berufsausübung und in der Berufsausübung wird die Berufswahl immer wieder neu bestätigt. Die eine Freiheit nützt ohne die andere nichts.
Ein Beruf ist jede auf Erwerb gerichtete Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient.
● Auf Erwerb gerichtet:
Charakteristisch für den Zweck der Tätigkeit muss sein, dass ein Verdienst erzielt werden soll, so z. B. auch bei Nebenberufen, anders dagegen bei ehrenamtlichen Tätigkeiten.
● Auf Dauer angelegt:
Eine Tätigkeit ist nur dann nicht auf Dauer angelegt, wenn sie sich in einem einmaligen Erwerbsakt erschöpft. Sie muss nachhaltig sein. Auf ihre selbstständige oder unselbstständige Ausübung kommt es nicht an.
● Der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dienend:
Diese Voraussetzung ist bei Tätigkeiten gegeben, die überhaupt nicht zum Lebensunterhalt beitragen, bspw. Hobbys. Es sind also auch Tätigkeiten geschützt, die weniger rentabel sind, maßgeblich ist nur, dass sie zur Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage beitragen.
Fraglich ist jedoch, ob die Tätigkeit erlaubt sein muss, um in den Schutzbereich des Art. 12 I GG zu fallen: Nähme man uneingeschränkt an, der Schutzbereich würde ein Erlaubtsein der Tätigkeit voraussetzen, so könnte der Gesetzgeber durch einfache Vorschriften den Schutzbereich des Art. 12 I beliebig definieren und so eine Aushöhlung des Grundrechts auf Berufsfreiheit betreiben.
Um trotzdem evident schädigende Tätigkeiten vom Schutzbereich der Berufsfreiheit auszuschließen, werden nach der wohl herrschenden Meinung sozial- oder gemeinschädliche Tätigkeiten nicht vom Schutzbereich erfasst, d. h. solche die auf einem fortdauernden Rechtsverstoß basieren. Darunter fallen z. B. „Berufskiller“, Rauschgifthändler, Diebe oder Zuhälter.
Die Gegenauffassung kritisiert das Merkmal der Gemeinschädlichkeit dagegen als zu ungenau und will den Schutzbereich nicht beschränken. Außerdem spreche der Wortlaut nicht für eine Einschränkung des Berufsbegriffs, obwohl das Grundgesetz in systematischer Hinsicht dort, wo es Beschränkungen festlegen wollte, dies im Text der Norm ausdrücklich tat, so etwa in Art. 8 („friedlich und ohne Waffen“).
Gleichsam sei es bei der Meinungsfreiheit nach Art. 5 I 1 GG ebenfalls unzulässig, in den Meinungsbegriff das Erfordernis von Friedlichkeit o. ä. hineinzuinterpretieren. Stattdessen soll die Schädlichkeit der Tätigkeit gegebenenfalls im Rahmen der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung behandelt werden.
Personell schützt Art. 12 alle Deutschen i.S.d. Art. 116 I GG. Auf inländische juristische Personen des Privatrechts ist die Berufsfreiheit nach Art. 19 III GG anwendbar.